Maltas Regierungschef kündigt Rückzug an
Joseph Muscat, Premier von Malta, hat angekündigt, im Januar von seinem Amt zurückzutreten. Zuvor hatten bereits Muscats Stabschef und zwei Minister ihr Amt abgegeben oder ruhen lassen. Seine Regierung war durch ihre Verstrickungen in den Fall der ermordeten Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia immer mehr unter Druck geraten. Muscats Schritt ist überfällig, findet Europas Presse.
Muscat muss sofort zurücktreten
Dass Regierungschef Muscat erst im neuen Jahr abtreten will, ist für Times of Malta inakzeptabel:
„Die EU hat Malta im Blick. Wenn Muscat und seine Minister an politischen Treffen teilnehmen, sei es auf nationaler oder überstaatlicher Ebene, werden sie das tun, ohne über einen Funken Glaubwürdigkeit zu verfügen. Dafür werden sie unter einem Schatten der Schande stehen. ... Jetzt braucht es eine Beruhigung der Lage und eine Stabilisierung des staatlichen Systems. Dazu kann es nur kommen, wenn Muscat umgehend durch den Vizeregierungschef abgelöst wird - jetzt und nicht erst im Januar. Wenn Muscat das ablehnt, müssen die Abgeordneten seiner Partei den Mut aufbringen, ihn zum Abgang zwingen.“
Verhalten ist eines Staatschefs unwürdig
Für die Süddeutsche Zeitung ist es unerträglich, wie lange Joseph Muscat seinen Rücktritt hinausgezögert hat:
„Lange hatte Maltas Premier so getan, als wolle er für volle Aufklärung des Mordes an Daphne Caruana Galizia sorgen. Genau das aber tat er mitnichten. Es ist unfassbar, dass in einem EU-Land Killer in Mafia-Manier eine mutige Journalistin beseitigten, die für mächtige Politiker gefährliche Fakten zutage förderte. Unfassbar ist auch, dass Muscat jahrelang von schweren Vorwürfen belastete Politiker deckte und mit ihnen regierte. Als sein Kabinettschef und Vertrauter wegen Verbindungen zu vermuteten Drahtziehern des Anschlags seinen Hut nehmen musste, bedauerte Muscat dies auch noch. Eindeutiger kann man sich als Hüter eines Rechtsstaats kaum diskreditieren.“
Die drei Musketiere des Joseph Muscat
Der Geist von Daphne Caruana Galizia und die Mordermittlungen bringen nun endlich diejenigen zu Fall, die Daphne und ihren Journalismus mit allen Mitteln bekämpft haben, frohlockt der investigative Journalist Carlo Bonini in La Repubblica:
„Die Regierung von Labour-Premier Joseph Muscat fällt innerhalb eines Tages wie ein Kartenhaus zusammen. Am Morgen der Rücktritt von Keith Schembri, dem Büroleiter des Regierungschefs. ... Gegen 15.00 Uhr dann der des Tourismusministers Konrad Mizzi und schließlich die Selbstsuspendierung des Wirtschaftsministers Chris Cardona. Schembri, Mizzi und Cardona sind die drei Musketiere von Joseph Muscat. ... Von einem Pakt untermauert, den Daphne Caruana als 'korrupt' bezeichnet hatte und der dank der Ermittlungen nun als solcher bestätigt wird. Es sind dieselben Männer, die Muscat aller Beweise ihrer Doppelbödigkeit zum Trotz seit 2016 eisern verteidigt.“
Regierungschef ist rücktrittsreif
Premier Joseph Muscat ist zu tief in den Fall verstrickt, als dass er weiter regieren könnte, urteilt The Malta Independent:
„Wir können nicht erkennen, wie sich der Regierungschef aus dieser Situation herauswinden könnte. Denn indem er Schembri und Mizzi nicht sofort [nach Bekanntwerden der Vorwürfe] oder zu irgendeinem späteren Zeitpunkt absetzte, machte er sich grober Untätigkeit und einer Pflichtverletzung schuldig. Die beiden traten ja freiwillig zurück, sie wurden nicht gefeuert. Damit bewies Muscat, dass er entweder mitschuldig ist oder ein äußerst schlechtes Urteilsvermögen besitzt. Es ist das eine oder das andere, daran besteht kein Zweifel. Und das ist etwas, das wir uns von dem Mann, der das Land führt, nicht leisten können, besonders nicht in dieser kritischen Situation.“
EU muss ihre Journalisten schützen
Der Mordfall zeigt, dass in der EU die Rechtsstaatlichkeit nicht nur in bestimmten Teilen Ostmitteleuropas bedroht ist, warnt Financial Times:
„Wenn die EU ein Leuchtturm für Redefreiheit und Demokratie sein soll, kann sie nicht akzeptieren, dass derartige Vorfälle in einem Mitgliedstaat ungestraft bleiben. Der maltesische Fall erinnert zudem daran, dass Bedrohungen für die Rechtsstaatlichkeit in der EU nicht nur von 'illiberalen' Regierungen in mitteleuropäischen Mitgliedstaaten ausgehen. Sie können auch dem schädlichen Einfluss des organisierten Verbrechens, der Korruption in staatlichen Stellen und der Geldwäsche im gesamten 28-Staaten-Block entstammen. Dem entgegenzuwirken bedeutet nicht nur, Polizei, Ermittler und Richter zu schützen, die Verbrechen verfolgen, sondern auch die Medien, die daran arbeiten, diese aufzudecken.“