Wird Babiš sich begnadigen lassen?
Tschechiens Generalstaatsanwalt Pavel Zeman nimmt die im September eingestellten Ermittlungen wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug gegen Premier Andrej Babiš wieder auf. Doch der Präsident hat angeboten ihn zu begnadigen, und außerdem hat Babiš gute Verbindungen in die Justiz. Kommentatoren fragen sich, ob das Pavel Zeman auf die Füße fallen könnte.
Der Präsident als Helfer in der Not
Präsident Miloš Zeman könnte seinen wichtigsten innenpolitischen Partner mit einem Gnadenakt retten, bemerkt Právo:
„Zeman hat Babiš die Straffreiheit angeboten, aber der Premier will sich ohne Hilfe des Präsidenten verteidigen. Der Präsident kann Leute aber auch ohne deren Zustimmung begnadigen. Damit käme es erstmals zu einer Situation, die sich die Väter der Verfassung wohl nicht erträumen konnten: Individuelle Begnadigungen muss nämlich der Premier selbst mit seiner Unterschrift bestätigen. Würde sich nun der Premier selbst begnadigen, wäre das schon weit mehr als eine Satire. Es wäre ein Schulbeispiel für einen Interessenkonflikt.“
Lieber erst einmal abwarten und Tee trinken
Die zum Babiš-Konzern gehörende Zeitung Mladá fronta Dnes sieht eine Begnadigung als ungünstigen Ausweg für den Regierungschef:
„Präsident Zeman hat Regierungschef Babiš die Begnadigung versprochen. Doch das könnte das Ansehen des Premiers in den Augen seiner nur halbherzigen Fans beschädigen. Es würde nämlich wie ein Schuldeingeständnis wirken. Wahrscheinlich aus genau diesem Grund wiederholt der Premier bis zum jetzigen Zeitpunkt, dass er sich keine Begnadigung wünscht. Nun, wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt.“
Ermittlungen auf dünnem Eis
Die Position von Generalstaatsanwalt Pavel Zeman, der die neuen Untersuchungen gegen Premier Babiš angeordnet hat, ist äußerst fragil, meint Sme:
„Wenn Pavel Zeman das letzte Hindernis auf Babiš' Weg ist, das Land ganz zu beherrschen, kann seine Arbeit als Staatsanwalt eine Frage von Tagen sein. In Tschechien wird der Generalstaatsanwalt derzeit allein von Justizministerin Benešová ausgewählt, die wiederum von Babiš eingesetzt wird. Wie lange wird Generalstaatsanwalt Zeman bei dieser Ausgangslage durchhalten?“
Wir sind ein Rechtsstaat
Hospodářské noviny spricht von einem guten Tag für Tschechien:
„Nicht, weil Andrej Babiš erneut ein Gerichtsverfahren droht, das wäre reine Schadenfreude. Aber weil man mit Erleichterung sagen kann, dass Tschechien ein vollwertiges rechtsstaatliches Land ist, in dem auch das höchste politische Amt nicht vor Strafe schützt. Babiš sollte die Position des Premiers so bald wie möglich verlassen. Nach einer erneuten Prüfung durch die Europäische Kommission liegt in seinem Fall ja auch ein Interessenkonflikt vor. All dies zusammen stellt ein großes Reputationsproblem für die Tschechische Republik dar und erschwert die Befriedigung unserer Interessen in der EU. Es ist äußerst ungesund, wenn ein Schlüsselpolitiker immer wieder seine eigenen Probleme lösen muss. Da bleiben die wahren Probleme des Landes ungelöst.“
Babiš ist noch lange nicht am Ende
Gänzlich anders sieht die zum Babiš-Konzern gehörende Lidové noviny die Lage:
„Premier Babiš ist nach der gestrigen Entscheidung des Generalstaatsanwaltes wieder der Strafverfolgung ausgesetzt. Dieser Fakt und die Nachricht der EU-Kommission, wonach Babiš einen Interessenskonflikt habe und Millionen an Brüssel zurückzahlen müsse, könnte bei vielen Bürgern den Eindruck erwecken, Babiš sei am Ende. Dem ist aber nicht so. Dem Souverän, den Wählern, macht das nichts aus. Und Babiš wird auch jetzt nicht aufgeben. Es kommen wohl noch mehr Aktionen der Gegner des Premiers auf uns zu. Die sollten aber nicht vergessen, dass sie mit ihrem bisherigen Vorgehen gegen Babiš nicht sonderlich erfolgreich waren, der auf dem Höhepunkt seiner politischen und wirtschaftlichen Macht ist.“