Was kommt nach dem Brexit-Zirkus?
Der Brexit ist gesichert, so viel ist nach dem Sieg der Tories bei den britischen Unterhauswahlen klar. Nun stehen – in Großbritannien wie in Europa – neue Fragen im Vordergrund: Zum Beispiel, wie die EU langfristig mit populistischen Kampagnen oder Unabhängigkeitsbestrebungen einzelner Ländern und Regionen umgehen soll.
Das wahre Problem ist die Populismus-Epidemie
Grund zur Sorge ist weniger der Brexit als die demokratiegefährdende Ideologie dahinter, urteilt Kolumnistin Adelina Marini in Sega:
„Der Brexit ist das kleinste Problem Großbritanniens. Viel wichtiger ist die Frage, wie Demokratie und Rechtsstaat erhalten bleiben können. Der Brexit ist im Grunde der Indexpatient [Erstpatient] einer schrecklichen Epidemie, die gerade eine Demokratie nach der anderen auslöscht und verschiedene Namen trägt: Populismus, Antiliberalismus, Rechtsextremismus, Desinformation. Sie endet in der absichtlichen und systematischen Zerstörung der demokratischen Rechtsordnung mit dem Ziel der Machtergreifung. … Hierbei handelt es sich nicht bloß um Wahlkampf-Lügen, sondern um einen Riesenbetrug. Vielleicht den größten Betrug des 21. Jahrhunderts.“
Kein Ausrede mehr, wichtige Debatten zu vertagen
Nachdem nun Gewissheit über den Brexit herrscht, kann sich die EU endlich wieder anderen Themen widmen, findet Jutarnji list:
„Die britischen Wahlen haben die Situation erleichtert. Hätten zufällig die unentschlossenen Labour-Anhänger gewonnen, die weder für noch gegen den Brexit waren, würde immer noch Unsicherheit darüber herrschen, wann und wie der Brexit erfolgen soll. ... Die Europäische Union kann sich nun endlich anderen wichtigen Themen widmen, von denen eines sogar schicksalhaft ist: Es gibt nämlich keine erwähnenswerten Fortschritte bei den Verhandlungen um den mehrjährigen Finanzrahmen der EU. Die Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten und den entscheidenden Institutionen sind so groß, dass der Brexit und die Bestätigung der EU-Kommission gute Gründe boten, dieses Thema noch etwas zu verschieben.“
Unabhängiges Schottland gehört in die EU
Die EU sollte den wiederauflebenden Rufen nach einer schottischen Unabhängigkeit positiv gegenüberstehen, betont Die Welt:
„Aus europäischer Sicht ist dies gewiss ein schwieriges Thema. Dürfen Teile von Nationen, die sich abspalten, einfach so Mitglieder der EU werden? Wenn die Schotten, warum dann nicht die Katalanen? Wenn die Katalanen, warum dann nicht die Bayern? Es gibt für die Europäische Union jedoch gute Gründe, den Unabhängigkeitsbestrebungen der Schotten mit Sympathie zu begegnen. Erstens aus historischen Gründen: Die Schotten hatten schon seit der Zeit von Königin Mary mehr Verbindungen mit dem europäischen Kontinent als die Engländer. Und zweitens wäre dieses fleißige, intelligente, warmherzige Volk für Europa ganz ohne Zweifel eine Bereicherung.“