Großbritannien: BBC gerät unter Druck
Boris Johnson gilt nicht als Freund der BBC, der er einseitige Berichterstattung vorwirft. Im Wahlkampf hatte er gedroht, ihre Haupteinnahme zu streichen: die Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nun soll das Nichtzahlen der Gebühr entkriminalisiert werden, wie ein Sprecher bestätigte; 200 Millionen Pfund pro Jahr könnten der Anstalt so entgehen. Droht der BBC ernsthaftes Ungemach?
Schwere Zeiten für das Tantchen
Das Wahlergebnis könnte für die BBC, oft auch liebevoll Tantchen genannt, unangenehme Konsequenzen haben, befürchtet The Economist.
„Der Ärger der Tories sitzt tief. Ihr Zorn geht nicht ausschließlich auf die Wahrnehmung der BBC als Brexit-Bashing-Corporation (wie Johnson sie nennt) zurück. ... Die Rundfunkanstalt muss bis zum Jahr 2022 eine neue Vereinbarung zu ihrer Finanzierung erzielen. [Johnsons Brexit-Sonderberater] Dominic Cummings und der Premierminister waren willens, die Parlamentsarbeit auszusetzen; es ist gut möglich, dass sie auch eine Finanzierungsänderung der BBC gutheißen werden. Die Führung auszutauschen wäre ein weiterer Ansatz. In der Vergangenheit konnte sich die BBC auf Verbündete aus beiden politischen Lagern verlassen. Gerade steht sie weitgehend ohne Freunde da.“
Johnson ist nicht Kaczyński
Die Briten müssen keine massive Einschränkung der Medienfreiheit befürchten, beschwichtigt Gazeta Wyborcza:
„Es ist bekannt, dass die Regierung von Boris Johnson kein BBC-Fan ist. Das Vereinigte Königreich ist jedoch nicht Polen, wo man nach einem Wahlsieg den Chef des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gegen einen fügsamen 'Bullterrier des Präsidenten' von der siegreichen Partei austauschen kann. Zwar ist die BBC nicht ohne Makel, aber die Berichterstattung über den Wahlkampf ist so gut gewesen, dass sich jetzt jeder Politiker daran stört. ... Es besteht also kein Zweifel daran, dass der Angriff auf die BBC politisch motiviert ist - auch, weil der Sender einen freien Markt propagiert.“