Harrys und Meghans Rückzug: Was ist die Botschaft?
Nachdem Prinz Harry und Herzogin Meghan angekündigt hatten, sich von ihren royalen Verpflichtungen zurückziehen und künftig selbst arbeiten zu wollen, wartete Großbritannien gespannt auf die Reaktion von Queen Elizabeth. Diese teilte am Montag mit, sie werde das Paar in seinem neuen Leben unterstützen. Kommentatoren deuten, wohin der Weg der Royals nun führt.
Die Queen macht den Hof fit für die Zukunft
Der London-Korrespondent der ARD, Jens-Peter Marquardt, zeigt sich auf tagesschau.de beeindruckt über die Reaktion der Queen:
„Sie ist auch im hohen Alter von 93 Jahren noch flexibel genug, die britische Monarchie zu modernisieren und an neue Zeiten anzupassen. Die Queen erweist sich so erneut als Segen für den Fortbestand des Hauses Windsor. Sie beharrt nicht mehr auf dem Modell, dass sie nach Beginn ihrer Regentschaft vor fast 70 Jahren eingeführt hatte: Beteiligung der gesamten Familie an den königlichen Pflichten. ... Es zeigt den Charakter der Queen, dass sie sich nun nicht von ... Verletzungen hat leiten lassen. Sondern einmal mehr den Dienst an der Monarchie und für das Land in den Vordergrund gestellt hat. Sie hat die jungen Royals nicht aus der Familie verstoßen, sondern macht den uralten britischen Hof fit für die Zukunft.“
Recht auf freie Selbstbestimmung
Dass Harry und Meghan auf eigenen Füßen stehen wollen, ist ihr gutes Recht, findet Le Soir:
„Der Wunsch, mit der Königsfamilie zu brechen und zu einem freien Leben (zurück) zu finden, kann als weitere irrelevante Folge einer so romantischen wie skandalträchtigen Seifenoper betrachtet werden. Man kann darin aber auch eine Geste der Befreiung sehen, die den Unwillen ausdrückt, sich aus bloßem Anstand einer Institution zu unterwerfen, die verlangt, dass man die 'Krone als wichtiger als alles andere' erachtet. Der von Harry und Meghan auf spektakuläre Weise vollzogene Bruch ist eine Art, auszudrücken, dass jeder, wo auch immer er lebt, frei ist, sein Schicksal in die Hand zu nehmen, einschließlich der damit einhergehenden Konsequenzen. Und dass er das Recht auf etwas Besseres als eine Zukunft hat, die er ertragen kann: eine Zukunft, die ihn erfüllen kann.“
Diese Frau gehört nach Hollywood
Meghan Markle tut gut daran, den Job als Vollzeit-Herzogin an den Nagel zu hängen, meint 24 Chasa:
„Bevor sie Prinzessin wurde, verdiente Meghan etwa eine halbe Million Dollar im Jahr für ihre Rolle in der Serie Suits. Inzwischen ist ihr Preis ins Unermessliche gestiegen, denn sie ist nicht nur die Herzogin von Sussex. … Sie ist ein schwarzes Mädchen, aufgewachsen ohne Vater in einem armen Viertel. ... Sie ist das postmoderne Aschenputtel. Millionen, wenn nicht Milliarden Frauen auf der Welt träumen davon, sie zu sein. Jeder Film mit ihr in der Hauptrolle wäre ein Kassenschlager. Bei solchen Aussichten arbeitslos in einem feuchten Schloss vor sich hin zu vegetieren, wäre nicht nur dumm, sondern geradezu ein Verbrechen gegen die Menschheit.“
Fast schon subversiv
Der Monarchie geht die Existenzberechtigung verloren, beobachtet El Periódico de Catalunya:
„Es ist wohl viel lukrativer (und spaßiger), in der Liga der Kardashians [Reality-TV-Familie] zu spielen, als mit dem Staatshaushalt des Post-Brexit-Reichs. Der Megxit hat aber noch eine andere Seite. ... Die Monarchie muss eine moderne, kultivierte, gebildete und kosmopolitische Gesellschaft, in der sich Arbeit, Beziehungen und Liebe schwindelerregend wandeln, davon überzeugen, dass eine durch Ehe und Geburt weitergegebene Institution die bestmögliche Staatsform ist. ... Der Megxit verneint das: Für ein junges Spießerpaar gibt es Besseres als die Zugehörigkeit zur Königsfamilie, was bedeutet, dass die Königsfamilie nicht die Krönung ist. Eine gefährliche, fast subversive Botschaft.“
Verzogene Gören
Protagon versteht, dass der Rückzug von Harry und Meghan Spott provoziert:
„Sie kennen diese verzogenen Kinder. ... Ich habe einmal einen getroffen. Er wohnte in einer Einzimmerwohnung, trug Kleidung aus dem Trödelladen und trank den Wein seiner Freunde. Er verachtete Geld und die Geschäfte seines Vaters, den Kapitalismus, die Banken und die Aktienmärkte. Das alles vor dem Hintergrund des prallen Familienkontos, einer Villa im [reichen Athener Stadtteil] Ekali, eines Chalets in den Schweizer Alpen, vier Luxusautos und einer High-Speed-Yacht. Als er irgendwann auf Schwierigkeiten stieß und davon gelangweilt war, die Rolle eines gemeinen Sterblichen zu spielen, ging er zurück in die Umarmung des Luxus, den er hinter sich wusste. Ich sage nicht, dass Harry und Meghan genauso sind. Aber an einigen Stellen begleitet ein Geruch von Maßlosigkeit ihre Ankündigung.“
Dem Boulevard den Stinkefinger gezeigt
Dass die Klatschblätter den Rückzug "egoistisch" finden und Mitgefühl mit der Queen äußern, findet die Frankfurter Rundschau heuchlerisch:
„Unnachgiebig stellen Vertreter der Zunft den Mitgliedern der Königsfamilie nach ..., verdienen ihr Geld damit, möglichst viel Privates an die Öffentlichkeit zu zerren ... Harry und Meghan haben in der Vergangenheit einiges versucht, dem Treiben Einhalt zu gebieten – und mussten feststellen: Weder der Appell Harrys an die Empathiefähigkeit von Journalisten mit Verweis auf den tragischen Tod seiner von Medien gehetzten Mutter noch das Bemühen der Gerichte bringen den gewünschten Grad an Privatsphäre. Daraus ziehen sie ihre Konsequenzen – und zeigen dem Boulevard den Stinkefinger.“
Nur so hat das Königshaus Zukunft
Wie Harry und Meghan das Leben als Monarchen in der zweiten Reihe neu definieren, gefällt The Independent:
„Der Herzog und die Herzogin von Sussex modernisieren das House of Windsor. Sie erfinden das Leben der königlichen Familie neu oder schaffen zumindest ein alternatives Modell für die 2020er-Jahre und darüber hinaus. ... Die königliche Familie genießt ihre Privilegien, ihre Rolle und die damit verbundenen Annehmlichkeiten nur, weil das von den Menschen akzeptiert wird, die sie finanziell, sozial und politisch unterstützen. Wie das Schicksal von Prinz Andrew in so erschreckender Weise offenbart hat, kann es damit schnell und endgültig vorbei sein. Ihre Gegner verstehen es vielleicht nicht, aber Harry und Meghan versuchen tatsächlich, die Institution nützlich und lebendig zu halten.“
Die Hauptrollen sind ohnehin schon vergeben
Prinz Harry hat sowieso keine tragende Funktion mehr, beobachtet Gazeta Wyborcza:
„Ein Signal, dass Harry und Meghan vom Buckingham Palace nicht als Teil des 'Kerns' der königlichen Familie gesehen werden, ist ein Familienfoto, auf dem die Königin mit drei Thronfolgern zu sehen ist: Charles, William und George. Gleichzeitig spielen Harry und Meghan, obwohl die Popularität des Prinzen und seiner Frau in Großbritannien nicht nachlässt, immer unbedeutendere Rollen: Ihre offiziellen Reisen führten sie zuletzt hauptsächlich in die Länder des britischen Commonwealth (vor kurzem verbrachten sie sechs Wochen in Kanada), und die Presse hat oft über ihre Marginalisierung geschrieben.“