Rumänien: Warum die Wut auf sri-lankische Bäcker?
Nachdem ein Betrieb im rumänischen Ditrău/Ditró zwei Bäcker aus Sri Lanka eingestellt hatte, kam es vergangene Woche zu heftigen Protesten gegen den "Migrantenzustrom". Unterdessen wurden auch Vorwürfe gegen die Firma laut: Einheimische seien wegen der schlechten Bezahlung abgesprungen. Die regionale Presse findet es richtig, mit dem Finger nicht nur auf die Dorfbewohner zu zeigen.
Veränderung tut weh
Von einem Schreibtisch in der Großstadt kann man über diesen Konflikt kaum urteilen, glaubt Krónika:
„In diesem Jahr braucht Rumänien 30.000 Gastarbeiter von außerhalb der EU, um die dramatischen Folgen der Emigration mehrerer Millionen Menschen abzumildern. Ohne Bäcker wird es in Ditró kein vor Ort gebackenes Brot mehr geben. Tatsache ist aber auch, dass sich Ditró etwas verändern wird, wenn viele Arbeiter aus Sri Lanka, Indonesien oder - absurderweise - aus dem ebenfalls erschreckend weit entfernten Galați [Großstadt in Südostrumänien] den Platz der Ausgewanderten einnehmen. Diese Situation scheint in den Augen eines Beobachters aus [der Stadt] sehr einfach zu verstehen, in Ditró kann sie aber schmerzlich kompliziert sein.“
It's the economy, stupid!
Kommentatorin Maria Cernat meint in Baricada, dass ein wirtschaftliches Problem in ein rassistisches Problem abgewandelt worden sei:
„Man denkt, die sind nicht weiß, die sind gefährlich, die greifen uns an. Aber das Problem ist vielmehr, dass wir alle in der Situation stecken, miteinander zu wetteifern, wer von uns sich für das geringste Gehalt verkauft! Hier wird ein durch schwerwiegende wirtschaftliche Ungleichheit verursachtes Problem - nämlich die Tatsache, dass wir in Teilen der Welt unvorstellbar arme Menschen haben - in Rassenbegriffen diskutiert. … Der Aufstand der Leute ist völlig legitim, nur verwenden sie bei der Revolte nicht die richtigen Ausdrücke, sodass nun eine Welle der Empörung über die Dorfbewohner rollt. Moralisten und Aktivisten für Menschenrechte werden gegen sie wettern. Während die Arbeitgeber zu Opfern einer intoleranten Gemeinschaft deklariert werden!“
Traurig und peinlich - aber nicht bösartig
In Maszol plädiert Kolumnist Attila Kustán Magyari dafür, sich auch in diejenigen einzufühlen, die Vorbehalte gegen Ausländer haben:
„Ich gehöre eindeutig zu denjenigen, die die Ereignisse in Ditró für traurig und peinlich halten. Ich will aber auch nicht in den Chor derjenigen einstimmen, die die Sache damit abhaken, dass sie ihre Mitmenschen doof und bösartig nennen. ... Vielleicht sollte man das Problem so angehen, dass wir zwar unsere Prinzipien nicht aufgeben, aber versuchen, die Argumentation derjenigen zu verstehen, die Angst haben oder sich sogar für Gewalt entscheiden würden. ... Die zwei Bäcker müssen verteidigt werden und es wäre schön, wenn erreicht werden könnte, dass sie in Ditró bleiben können. Man kann Gesellschaften nicht ewig geschlossen halten - selbst, wenn die kapitalorientierte globale Wirtschaft auch meiner Meinung nach zu Problemen führt.“
Ergebnis der Angstmacherei in den Medien
Das katholische Portal Romkat.ro beklagt grundsätzlich fehlende Offenheit in einer polarisierten Gesellschaft:
„Wenn man die Aussagen in der Presse und in den sozialen Netzwerken betrachtet, wird klar, dass die Gesellschaft infolge des Medienkrieges gegen die 'Migrantengefahr' nicht nur ihren Sinn für die Realität, sondern auch die Fähigkeit und Bereitschaft zum Dialog zu verlieren scheint: Es gibt Menschen, die wortwörtlich zittern, wenn jemand, dessen Kultur, Religion, Hautfarbe oder Denken anders ist, in ihre Nähe kommt. ... Andere stigmatisieren - und das ist eine sehr zurückhaltende Formulierung - diejenigen, die sich vor dem für sie Fremden fürchten. ... Und beide Gruppen bemerken nicht, dass sie die Spannung nur weiter erhöhen, statt eine Lösung zu suchen.“