Viktor Orbán will unbegrenzt per Dekret regieren
Die ungarische Regierung hat am Freitag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der es ihr ermöglichen würde, für unbegrenzte Zeit per Dekret zu regieren. Das Papier sieht vor, dass Budapest den am 11. März wegen der Covid-19-Pandemie verhängten Notstand ohne die Zustimmung des Parlaments unbegrenzt verlängern kann, die bisher alle 15 Tage neu erfolgen muss. Welche Beweggründe stecken hinter dem Vorstoß?
Vom Notstand in die Diktatur
Orbán nutzt die Krise als Vorwand, um seine Macht langfristig weiter auszuweiten, meint Der Standard:
„Die unbestimmte Zeit: Sie ist es, die beschränkte Notmaßnahmen in der Krise vom autoritären Griff nach der Macht trennt. Und sie macht Letzteren auch erkennbar. Auf potenziell unbestimmte Zeit etwa will Ungarns Premier Viktor Orbán nun den Notstand in seinem Land verlängern lassen: Die Regierung könnte ihn immer wieder per Dekret fortschreiben - und auch de facto Gesetze beschließen oder bewusst übertreten, 'sollte es eine erzwungene Pause des Parlaments geben'. Für die Verbreitung 'falscher Nachrichten' zu Maßnahmen der Regierung sind im selben Gesetz bis zu fünf Jahre Haft vorgesehen, für Verstöße gegen Quarantänemaßnahmen acht. Es ist nicht schwierig zu sehen, wie ein solches Gesetz auch nach der eigentlichen Gesundheitskrise in eine Diktatur münden kann.“
Ein Kompromiss wäre leicht erreichbar
Nationale Geschlossenheit kann nicht per Dekret erzwungen werden, erinnert die Wochenzeitung Magyar Hang:
„Den beidseitigen guten Willen vorausgesetzt, sind die Positionen [von Regierung und Opposition] leicht einander anzunähern. Der Notstand könnte zeitlich begrenzt und die aktuelle 15-Tage-Frist maßvoll verlängert werden. Für den Fall, dass das Parlament wegen der Pandemie entscheidungsunfähig wird, könnte man eine Sonderregelung verabschieden. ... Wenn die Regierungspartei Fidesz wirklich eine nationale Einheit anstrebt und keine Hintergedanken hat, soll sie sich mit der Opposition an den Verhandlungstisch setzten und sich mit ihr einigen. So einfach ist das. Besondere Zeiten erfordern besondere Lösungen.“