Corona: Wie kommt Europa zu mehr Atemschutzmasken?
In ganz Europa werden die Atemschutzmasken knapp, die vorwiegend in China produziert werden. Deutschland hatte bereits Anfang März einen Exportstopp verhängt, Tschechien hat nun nachgezogen. In Frankreich wurden sämtliche Vorräte beschlagnahmt, um sie an Gesundheitspersonal zu verteilen. Kommentatoren diskutieren, wie der Engpass behoben werden könnte.
Verkäufer haben zu viel Macht
Die Konkurrenzsituation ist ein gravierendes politisches Problem, meint die Professorin für Staatsrecht Laurence Folliot-Lalliot in Le Monde:
„Die Logik staatlicher Käufe funktioniert nun umgekehrt: Die Verkäufer sind in einer dominanten Position und bestimmen die Preise, die Käufer machen sich gegenseitig Konkurrenz. Die Preise steigen unkontrollierbar, Käufe müssen sehr schnell genehmigt werden, was traditionelle administrative Mechanismen der Genehmigung aushebelt. ... Die schlimmen Auswirkungen dieser Verhaltensweisen auf die Versorgungsketten bei dringend benötigtem sanitärem Material sind spürbar: Das medizinische Personal, bezüglich der Ansteckung an vorderster Front, wird gefährdet, die Bevölkerung verzweifelt angesichts der langsamen Lieferungen, die Staatsschuld wächst und Korruption und mafiöse Strukturen werden gestärkt.“
Der große Masken-Flop
Der Versuch, umgehend eine eigene italienische Produktionslinie von Schutzmasken auf die Beine zu stellen, ist kläglich gescheitert, wettert La Repubblica:
„Am Dienstag, den 24. März versprachen Premier Conte und sein Notfallkommissar Domenico Arcuri den Italienern im Fernsehen, binnen 96 Stunden werde ein italienisches Konsortium von Unternehmen aus der Modebranche mit der Produktion von Masken beginnen, 'damit unsere Ärzte endlich gerüstet sind für diesen Krieg'. Sieben Tage sind seit dem Versprechen vergangen, und nicht eine einzige professionelle Maske wurde hergestellt. … Statt sich um eine Vereinfachung der Bürokratie zu bemühen, wurde vor allem ein Regulierungsapparat geschaffen, der ein unglaubliches Paradox enthält: zur schnelleren Erstellung des Qualitätszertifikats bedarf es dreier verschiedener Zertifizierungen.“
Rumänien hat jetzt eine riesige Chance
Rumänien sollte diese Gelegenheit wahrnehmen, wirtschaftlich wieder auf eigenen Beinen zu stehen, appelliert Observator Cultural:
„Im Jahr 2020 können wir einfach nicht mehr Atemschutzmasken, Schutzbrillen, Kittel, Einwegschuhe oder -handschuhe aus Südkorea importieren. In den 1980er-Jahren haben wir noch alles selbst produziert, angefangen von Traktoren, Lkws, Zement, Autos … Jetzt züchten wir nur noch Tomaten, doch die Verarbeitungsfabriken sind verschwunden, ebenso die einheimische Produktion, die wir aber wieder neu starten können. ... Es gibt jetzt eine riesige Chance, die Wirtschaft in Rumänien anzukurbeln, trotz der schlechten Voraussetzungen, doch haben wir exzellenten moralischen Rückhalt durch eine beispielhafte Mobilisierung der Nation und durch eine Bündelung der noch existierenden Ressourcen.“
Lieber die lokale Wirtschaft stärken
Mit einem Sonderflug wurden 900.000 Atemschutzmasken und 80.000 Beatmungsgeräte aus China nach Lettland gebracht. Diena ist fassungslos:
„Sind die Atemschutzmasken und Beatmungsgeräte tatsächlich nur in China erhältlich? Gibt es derzeit in Lettland keine größeren oder kleineren Firmen, es reichen auch zwei oder drei, die in der Lage wären, vom Staat den Auftrag zu erhalten und vor Ort in kurzer Zeit diese notwendigen Dinge zu produzieren? ... Die Herstellung in Lettland würde Einkommensquellen für Unternehmer bedeuten sowie Arbeit und Gehälter für die Menschen. Und, was das wichtigste ist, so würde die lokale Wirtschaft unterstützt. Stattdessen ist es für unsere Regierung viel einfacher, eine Bestellung im 5.000 Kilometer entfernten China zu machen, Geld zu überweisen und auch noch den Flugzeugtreibstoff zu bezahlen.“