EU-Geld für Westbalkan - aber vorerst kein Beitritt
Bei einem Videogipfel am Mittwoch bekräftigten die EU-Staats- und Regierungschefs ihre "uneingeschränkte Unterstützung für die europäische Perspektive des westlichen Balkans". Zudem sicherten sie ihren Kollegen aus den sechs Nicht-EU-Staaten der Region Krisenhilfen von 3,3 Milliarden Euro zu. Ein Zeitfenster für einen möglichen EU-Beitritt wurde erneut nicht benannt. Kommentatoren ziehen Bilanz.
Mit offenen Karten spielen
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wirbt dafür, die Westbalkan-Staaten näher an die EU zu binden, ohne sie gleich zu Vollmitgliedern zu machen:
„Warum nicht eine starke privilegierte Partnerschaft, von europäischen Finanzhilfen untermauert? Voraussetzung ist aber ein Spiel mit offenen Karten. Noch halten beide Seiten an einem Erweiterungsprozess fest, der nur noch Hülle ohne Inhalt ist. Kommt eine Vollmitgliedschaft auf absehbare Zeit nicht in Frage, sollte man das auch so sagen und deutlich machen, was stattdessen getan werden kann, um ein Abdriften der Region in plebiszitären Autoritarismus und ein Erstarken der geopolitischen Konkurrenz auf Europas Innenhof zu verhindern.“
Nicht mehr mit Russland und China flirten!
Umsonst ist die Unterstützung aus Brüssel nicht zu haben, analysiert La Repubblica:
„Über drei Milliarden zur Bekämpfung des Coronavirus. Aber auch, um den Schatten Chinas und Russlands zu vertreiben, die in der Region ihr Spiel spielen, um auf Kosten der Union an Einfluss zu gewinnen. So lässt sich das gestrige Gipfeltreffen zwischen den Chefs der europäischen Institutionen und den Staats- und Regierungschefs der westlichen Balkanländer zusammenfassen. Serbien, Kosovo, Montenegro, Albanien, Bosnien und Nordmazedonien werden Geld und Hilfe erhalten, dazu kommt das wiederholte und verstärkte Versprechen einer Zukunft in der EU. Aber im Gegenzug müssen sie aufhören, mit Xi Jinping und Wladimir Putin zu flirten.“
Ein Erfolg für Kroatien
Der Westbalkan bleibt im Fokus der EU, freut sich Jutarnji list:
„Kroatien hat, trotz aller Probleme während unseres EU-Vorsitzes - und Premier Plenković sagte zu Recht, dass kein Land vorher [als Inhaber der EU-Ratspräsidentschaft] in der Situation war, dass Meetings in Brüssel nicht möglich sind - sein Ziel erreicht: den Westbalkan im Fokus der EU zu halten zu einer Zeit, in der unsere Gemeinschaft sich in existentieller Not befindet. ... Kroatien hat gute Arbeit geleistet und während seines Vorsitzes einen starken politischen Eindruck hinterlassen. Premier Plenković hat gezeigt, dass er die Europäische Union und den Westbalkan an einen Tisch bringen kann, und dies in Zeiten einer nie dagewesenen Pandemie. Ein großer, ein sehr großer Erfolg.“