Corona und die Rolle des Staates
Covid-19 hat den Menschen vor Augen geführt, wie wichtig ein Staat mit funktionierendem öffentlichem Dienst ist - besonders im Gesundheitswesen und Bildungssektor. Bisher haben die meisten Länder die Krise trotz allem recht gut gemeistert, finden Kommentatoren und fragen sich, ob sich das Verhältnis der Bürger zum Staat nun auch langfristig ändern wird.
Nirgends ein Zusammenbruch
Tygodnik Powszechny meint, die Krise habe die Handlungsfähigkeit des Staats bewiesen:
„Er stellte sich als notwendig und unverzichtbar heraus. Er musste eine Aufgabe meistern, die der Quadratur des Kreises ähnelt: Wie reagiert man vernünftig auf die Angst vor dem Virus und minimiert gleichzeitig die Konsequenzen einer eingefrorenen Wirtschaft und eingeschränkter sozialer Beziehungen? ... Verschiedene Länder haben unterschiedlich auf diese Herausforderungen reagiert und unterschiedliche Ressourcen zur Verfügung gestellt. Aber im Prinzip gab es nirgends einen Zusammenbruch des Staates. Sie alle stellten sich der Aufgabe.“
Weg von der Herdenidentität
Der Politologe Lucio Caracciolo hofft in La Repubblica auf mehr staatsbürgerliches Engagement in der Zukunft:
„Niemals so sehr wie in dieser Krise wurde bestätigt, welche Bedeutung öffentliche, durch den Konsens des Volkes legitimierte Institutionen als erste und letzte Referenz der Bürger haben. ... Man wird dagegenhalten, dass es die Angst vor dem Virus ist, die den Staat legitimiert. Da ist sicherlich etwas Wahres dran. Doch sollten wir die Situation nutzen, um das institutionelle System zu modernisieren. Nicht mit einer selbstreferenziellen, geschweige denn einer technokratischen Operation. Im Gegenteil: Wir brauchen den Impuls der Zivilgesellschaft. ... Es wäre wenig erstrebenswert, nachdem wir mit einer mehr als unglücklichen Wortwahl über eine angebliche Herdenimmunität diskutiert haben, in eine Herdenidentität zu verfallen.“