Militärputsch in Mali: Wie geht es jetzt weiter?
In Mali hat das Militär Präsident Ibrahim Boubacar Keïta gestürzt. Der Staatschef, wegen Korruption und mangelnder Sicherheit heftig kritisiert, erklärte seinen Rücktritt. Der Sprecher der Putschisten kündigte möglichst baldige Neuwahlen an. Die Stärke der malischen Streitkräfte beruht auch auf der Unterstützung durch Truppen Frankreichs, Deutschlands und der Uno, die sich davon mehr Kontrolle über islamistische Kräfte im Norden des Landes versprachen.
Europas Sahel-Strategie funktioniert nicht
Der Putsch demonstriert das Scheitern Europas im Kampf gegen den Terror in der Region, meint die Süddeutsche Zeitung:
„Die Europäer und ihre Verbündeten wollten in diesem Winkel der Welt einen Konflikt militärisch lösen und erlebten stattdessen, wie die Zahl der Anschläge stieg. ... Die Sahel-Strategie umfasste nie den 'gesamtheitlichen Ansatz', den Experten und Entwicklungshelfer gefordert hatten. Deutsche Wissenschaftler nannten sie gar 'konfliktverschärfend': Einerseits schlecht ausgestattete und zum Teil korrupte Armeen zu ertüchtigen und andererseits nach afghanischem Vorbild 'Herzen und Hirne' gewinnen zu wollen, habe nicht funktioniert. Dass nun der Staat Mali vor Teilen des Militärs kapitulieren musste und jemand mit der Waffe in der Hand nach der Macht greift, ist der Beleg dafür.“
Intermezzo auf dem Weg zu Neuwahlen
Es ist in niemandes Interesse, dass die Militärs in Mali länger als nur vorübergehend das Sagen haben, beschwichtigt Yeni Akit:
„Ist es denn überhaupt möglich, dass die Putschisten die politischen Geschehnisse unter Kontrolle halten und eine stabile Herrschaft aufbauen? Wie man gesehen hat, hat die Bevölkerung besonnen reagiert. Das Ziel des Putsches ist weniger, dass Soldaten die Führung übernehmen, sondern dass eine bei der Bevölkerung unbeliebte Regierung gestürzt und in möglichst kurzer Zeit Wahlen durchgeführt werden. Auch ausländische Mächte, Organisationen wie die UNO und die Afrikanische Union, aber auch an Mali interessierte Länder, haben den Putsch nicht positiv aufgenommen und gefordert, die zivile Führung sofort freizulassen.“
Opposition nicht aus Saudi-Arabien gesteuert
Die in Europa weit verbreitete Angst, in Mali könnte sich ein radikaler Islam durchsetzen, ist übertrieben, meint der Anthropologe Jean-Loup Amselle in Le Monde:
„Die starke Opposition aus dem Volk, die vor allem in Bamako und anderen großen Städten präsent ist, ist in einer zutiefst muslimischen Bevölkerung verwurzelt, die [dem Imam] Mahmoud Dicko folgt, da er und seine Bewegung einen wirklich malischen Islam verkörpern; weit entfernt von den westlichen und vor allem französischen Wahnvorstellungen, die seinen Anführer als von Saudi-Arabien abhängig darstellen. Die Zukunft wird zeigen, ob diese Revolution sich fortsetzen und die Änderungen hervorbringen kann, die von der Bevölkerung so sehr ersehnt werden.“