50 Jahre Kniefall Willy Brandts in Warschau
Vor fünfzig Jahren fiel Willy Brandt in Warschau auf die Knie und bezeugte damit seine Demut vor den Opfern der Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto. Diese Geste war der Auftakt zu einer Versöhnungspolitik zwischen Berlin und Warschau. Warum sehen viele Polen diese Geste kritisch?
Noch heute passt die Geste nicht zur Propaganda
Warum Willy Brandt damals in Polen aneckte, erklärt Gazeta Wyborcza:
„Brandts Geste der Demut und Sühne erschütterte die gesamte von den Kommunisten praktizierte antideutsche Nachkriegspropaganda. Deutschland wurde darin als der ewige und tödliche Feind Polens dargestellt, der ständig danach strebte, Polen zu vernichten. ... Daher lohnt es sich, an Brandts Verhalten zu erinnern, auch weil heute, wie schon zu Zeiten des Kommunismus, nicht jedem in Polen diese Geste gefällt. Es gibt viele Politiker, für die es angesichts ihrer Parteiinteressen bequemer ist, Deutschland als Adenauer in seinem germanischen Mantel zu präsentieren statt als Brandt auf seinen Knien.“
Das Leid der Polen nicht vergessen
In Deutschland werden die nicht-jüdischen polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung noch immer nicht ausreichend gewürdigt, findet die Frankfurter Rundschau:
„Man muss das so klar sagen, und dabei geht es nicht um Relativierung. Es geht um ein mangelhaftes Problembewusstsein. Das Land war beides: Ort des Völkermords an den europäischen Juden und eines Vernichtungsfeldzugs gegen die polnische Bevölkerung. In der Zahl von sechs Millionen getöteten Polen, unter denen drei Millionen Juden waren, wird dies besonders deutlich. Zwei von drei Polen finden heute, dass das Leid ihrer Vorfahren unzureichend gewürdigt wurde. Sie haben recht.“