Verfassungsschutz überwacht AfD nun bundesweit
Der Verfassungsschutz, Deutschlands Inlandsgeheimdienst, betrachtet die Alternative für Deutschland (AfD), derzeit größte Oppositionspartei im Bundestag, ab sofort als rechtsextremen Verdachtsfall. Damit kann die gesamte Partei nachrichtendienstlich beobachtet werden. Bisher galt das nur für einige AfD-Landesverbände. Europas Presse begrüßt den Schritt mehrheitlich.
Endlich als Gefahr erkannt
Večernji list sieht die Entscheidung als Teil eines Prozesses der Bewusstwerdung in der deutschen Politik:
„Dass nun die gesamte AfD unter geheimdienstlicher Beobachtung steht, ist auch Ergebnis davon, dass die deutsche Regierung - nach einer Reihe blutiger Angriffe von Extremisten, die durch radikal rechte Ideologien motiviert waren - angefangen hat, den Rechtsextremismus ernst zu nehmen. Rechte Terrorangriffe wurden in Deutschland seit Jahren regelmäßig als Taten von Einzelgängern, 'einsamen Wölfen', behandelt, obwohl die Taten immer mit einem rassistischen Hintergrund verbunden waren. Die Polizei und Sicherheitsdienste lehnten hartnäckig ab, diese Fälle als Terrorismus zu betrachten, was sich als fataler Fehler entpuppte.“
Andere Staaten sollten dem Beispiel folgen
In ganz Europa sollte man wachsamer gegenüber rechten Tendenzen sein, findet La Vanguardia:
„Die größte Oppositionspartei auf die Liste zu setzen, die eigentlich für kleine Extremisten-Gruppierungen oder Terroristen gedacht ist, zeigt, wie ernst sich Deutschland um Verletzungen der verfassungsrechtlichen Ordnung und die möglichen Konsequenzen sorgt. Andere europäische Staaten mit ähnlichen Parteien sollten davon Notiz nehmen. Frankreich hat erst gestern eine rechtsextreme Antimigrations-Gruppe aufgelöst und verboten. Und Fidesz, die populistische Partei des ungarischen Premiers Orbán, verließ die EVP-Fraktion des EU-Parlaments, um einem Rauswurf wegen antieuropäischer Politik zuvorzukommen.“
Ausgrenzung hilft den Rechtsextremen nur
De Standaard sieht die Beobachtung der deutschen AfD ebenso kritisch wie den Weggang des Fidesz aus der EVP:
„Schließlich können die [rechtsradikalen Strömungen] so immer wieder ihre geliebte Fabel verbreiten von 'der Stimme des Volkes', die von 'der Elite' brutal zum Schweigen gebracht wird. Wenn diese Elite zugleich mit der Bewältigung einer Pandemie ringt und auch ab und zu an Formen von Machtmissbrauch oder Korruption leidet, steht sie im kommenden Sturm nackt da. Covid-19 hat den Streit darüber, wer noch zum demokratischen Spektrum gehört, zeitweilig überlagert. Es sah sogar danach aus, dass die extreme Rechte dazu verdammt war, zum reinen Zuschauer zu werden. Eitle Hoffnung - die Nachbeben der Gesundheitskrise werden den Zusammenhalt des politischen Systems noch auf eine schwere Probe stellen.“