Ema: Keine Einschränkung für Astrazeneca
Die Europäische Arzneimittelbehörde Ema hat ihre neuerliche Prüfung des Astrazeneca-Impfstoffs abgeschlossen und empfiehlt, ihn weiterhin uneingeschränkt zu verwenden. Es gebe zwar einen möglichen Zusammenhang mit sehr seltenen Hirnvenenthrombosen, der Nutzen des Vakzins übertreffe aber mögliche Risiken. Europas Presse bezweifelt, dass die Skepsis nun ausgeräumt ist.
Zweifel verständlich, aber Vorteile überwiegen
Die Ema hat richtig gehandelt, meint Jutarnji list:
„Angesichts der Vielzahl der tagtäglichen Informationen über diesen Impfstoff ist es für den Durchschnittsbürger, der in der Regel kein Medizinexperte ist, schwer, sich zurechtzufinden. Viele sind sich bewusst, was für eine schwere Krankheit Covid ist und möchten sich impfen lassen, sind jedoch trotzdem verwirrt und fürchten ungewollte Nebenwirkungen. ... Doch nach einer detaillierten Untersuchung entschied die Ema, dass der Nutzen der Impfung die potenziellen Risiken um ein Vielfaches übersteigt. ... Auf zwei Millionen Geimpfte kommt weniger als ein Toter, der mit der seltenen Blutgerinnungsstörung in Verbindung gebracht werden kann. Im Vergleich dazu ist das Todesrisiko bei Covid-19 eins zu 150 Infizierten.“
Menschen beurteilen Risiken irrational
Postimees findet, die Entscheidung sollte das Vertrauen in den Impfstoff sogar vergrößern:
„Das menschliche Gehirn ist nicht in der Lage, Ereignisse mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit richtig einzuschätzen. Einer von hundert bis hundertfünfzig Corona-Infizierten stirbt in Estland. Wegen einer Thrombose ist ein einziger Mensch von mehr als einer Million Geimpften gestorben. Mathematiker können erklären, warum es nicht vernünftig ist, Lotto zu spielen. Trotzdem tun es die Menschen ständig. ... Die Ema sagt, dass die minimale Thrombosegefahr keine Korrelation mit Alter und Geschlecht hat. Deshalb kann man die Altersgrenze weder in Estland, noch in anderen europäischen Ländern mit dem Thromboserisiko begründen.“
So macht nun jeder, was er will
Die Immunologin Antonella Viola ist in La Stampa hingegen wenig überzeugt:
„Einerseits hat die Ema zugegeben, dass die Zahl der thrombotischen Ereignisse in der Altersgruppe unter 60 Jahren höher ist als erwartet, andererseits hat sie immer wieder betont, dass der Nutzen des Impfstoffs die Risiken überwiegt, und damit den verschiedenen Mitgliedstaaten die Wahl gelassen, wie sie sich verhalten sollen. Dies ist eine fragwürdige Position, die die Schwäche und Trägheit der europäischen Regulierungsagentur zeigt, derweil sie doch eigentlich den verschiedenen Ländern Richtlinien diktieren sollte, besonders in einer komplizierten Zeit wie der jetzigen.“
Impfen als Glücksspiel
Der Kolumnist Giorgos Kallinikou fühlt sich in Phileleftheros an ein griechisches Spiel namens "Joker" erinnert:
„Du spielst, egal was kommt. Wenn du die positive Wirkung des Impfstoffs erhalten hast, ist es gut. Wenn du die negative bekommst, egal wie gering die Chancen dafür sind, dann hast du Pech! Wenn das Verantwortung und Respekt für das menschliche Leben bedeutet, bin ich ein Astronaut. Experten argumentierten, dass alle Impfstoffe für alle Krankheiten das Potenzial für Nebenwirkungen haben. Mit einem wesentlichen Unterschied: Impfstoffe gegen andere Krankheiten werden seit vielen Jahren getestet und im Laufe der Zeit verbessert. Im Gegensatz dazu sind Coronavirus-Impfstoffe jetzt erst im Massengebrauch, im Zustand der globalen Angst. Deshalb sind die bisherigen Befunde zu Thrombosen und anderen Nebenwirkungen erschreckend.“
Ohne geht es nicht
Astrazeneca bleibt für den weltweiten Kampf gegen die Pandemie unverzichtbar, glaubt The Times:
„Es ist billig, kann gut gelagert und schnell an neue Varianten angepasst werden. Es wird außerdem in großen Mengen in Indien hergestellt. Es gibt keinen Grund, die Verwendung einzustellen. In einem Land wie Brasilien, dessen unverantwortliche Regierung keinen Lockdown einforderte, sind die Todesfälle auf täglich 4.000 gestiegen, sie könnten diesen Monat 100.000 überschreiten. Nur der sofortige Einsatz aller verfügbaren Impfstoffe kann Infektionen bremsen. ... Die Ema schlägt vor, ungewöhnliche Thrombosen als sehr seltene Nebenwirkungen des Impfstoffs aufzuführen. Die Betonung sollte auf den Worten 'sehr selten' liegen.“