Grünes Covid-Zertifikat: Pech für Nicht-Geimpfte?

Das Europaparlament hat am Donnerstag der Einführung des Grünen EU-Zertifikats zugestimmt, das diesen Sommer vor allem Reisen wieder vereinfachen soll. Details verhandeln nun im Europäischen Rat die Mitgliedstaaten, die das Zertifikat mit ihren nationalen Impfnachweisen und Systemen in Einklang bringen sollen. Kommentatoren debattieren lebhaft, ob eine unfaire Diskriminierung Nichtgeimpfter droht.

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Evenimentul Zilei (RO) /

Auf dem Weg in die Gesundheits-Apartheid

Evenimentul Zilei lehnt das Grüne Zertifikat rundweg ab:

„Was Grundrechte und Freiheiten im Inland anbelangt, werden die Staaten jeweils vorgaukeln, sie könnten nichts dagegen tun, dass private Unternehmen den Impfpass einfordern werden. Unter dem großzügigen Vorwand, die Kunden zu schützen, können Impfpässe in den verschiedensten Situationen verlangt werden: in Restaurants, Supermärkten, U-Bahnen und Pendlerbussen, auf Konzerten und vor öffentlichen Klos. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Antirassismus und die Bekämpfung von Diskriminierung in der heutigen Gesellschaft zur verpflichtenden Doktrin geworden sind, aber global eine Gesundheits-Apartheid eingeführt werden soll.“

LRT (LT) /

Die Wut wird weiter angefacht

Lrt sieht in den Plänen weiteren sozialen Sprengstoff:

„Diesen Pass würden wohl nur diejenigen bekommen, die zweimal geimpft sind. Das heißt, die, die sich diesen Monat mit Astrazeneca impfen ließen, würden den Pass erst im Juli bekommen. … Diejenigen, die einen anderen Impfstoff erhielten, dürfen sich früher über den Pass freuen. … Daher wäre es richtig, auf die Massenimpfung zu warten. Aber wann kommt sie denn? Ende Mai, im Juni? Das würde bedeuten, dass die Mehrheit den Impfpass erst im Herbst bekommt. Dies sorgt für noch mehr Zorn in der Gesellschaft, als es schon jetzt gibt. Und wie soll das technisch funktionieren? Mit einem Blatt Papier oder elektronisch? … Jede technische Panne würde die Wut der Bürger noch mehr steigen.“

wPolityce.pl (PL) /

Hier wird das nicht klappen

Auch in Polen wird es heftigen Widerstand gegen eine empfundene Privilegierung von Geimpften geben, glaubt wPolityce.pl:

„Die Polen sind eine äußerst egalitäre Nation, zumindest, was die Rechte der Menschen betrifft. Sie sind eine Nation, die sogar Beschränkungen, die im Vergleich zu den Nachbarn außergewöhnlich mild sind, nur schwer erträgt. Lösungen, die an Diskriminierung grenzen oder auf diese Weise interpretiert werden können, werden hier nicht so schnell akzeptiert. Selbst wenn die Regierung solche Lösungen vorschlagen würde, würden sie aufgrund des großen gesellschaftlichen Widerstands letztendlich nicht eingeführt werden.“

Corriere del Ticino (CH) /

Diskriminierung sieht anders aus

Gegen unfaire Privilegien lässt sich etwas unternehmen, kontert Corriere del Ticino:

„Um die Freiheit derjenigen nicht zu untergraben, die sich gegen die verfügbaren Präparate entscheiden, kann der Impfpass auch von denjenigen erhalten werden, die von Covid-19 genesen sind und von denjenigen, die ein maximal drei Tage altes negatives Testergebnis vorweisen können. … Das Wichtigste ist, dass alle, die Zugang zu dem Impfstoff haben wollen, ihn so schnell wie möglich bekommen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass sich die Menschen einer langen Reihe von Tests unterziehen (und möglicherweise dafür bezahlen) müssten, um sich bewegen zu können. Das wäre eine Diskriminierung.“

Mandiner (HU) /

Gemeinwohl hat eine höhere Priorität

Weniger Freiheiten für Ungeimpfte sind vollkommen legitim, ergänzt Mandiner:

„Egal, wie entschlossen man die Ideologie der möglichst völligen Gleichheit vertritt - in vielen Fällen ist die Unterscheidung zwischen Menschen selbstverständlich und berechtigt. ... Wer mit seiner Ungeimpftheit andere in Gefahr bringt, muss damit rechnen, dass er von bestimmten Orten ausgeschlossen wird. Es gibt gemeinschaftliche Rechte, die eine höhere Priorität haben, als die individuellen.“