Michel Barnier: Abriegel-Parolen für den Wahlkampf?
Mit einem Vorschlag zur Migrationspolitik macht Michel Barnier auf sich aufmerksam, bis vor Kurzem EU-Chefunterhändler für den Brexit und zudem mehrfacher französischer Ex-Minister. Er will die Einwanderung von außerhalb der EU nach Frankreich für mehrere Jahre komplett stoppen - auch den Familiennachzug. Für einige Kommentatoren geht dieser Vorschlag deutlich zu weit, für andere zeugt er von Mut.
Den moralischen Kompass verloren
Barnier positioniert sich mit dem Konzept der Festung Europa für den Wahlkampf, analysiert Kolumnist Kenan Malik in The Guardian:
„Michel Barnier hat die innere Logik dieser Einwanderungspolitik aufgegriffen und geht weiter als es bislang die meisten Mainstream-Politiker taten. Damit will er demonstrieren, dass er bei der nächsten Präsidentschaftswahl am besten in der Lage dazu ist, die rechtsextreme Marine Le Pen zu überflügeln. Dies ist ein weiteres Beispiel für eine Beobachtung, die ich schon im vergangenen Monat angesichts der dänischen Einwanderungspolitik gemacht habe: Wenn Politiker sich auf einen Wettlauf nach unten einlassen, stellen sie bald fest, dass es dort keine Grenze mehr gibt. Sie rennen einfach weiter bergab, bis sie alle moralische Orientierung verloren haben.“
Keine Angst vor der Wahrheit
Právo glaubt, dass Barnier ausspricht, was die Bevölkerung denkt. Diese habe eine reale Angst vor Terror aus den Reihen der Migranten, behauptet die Tageszeitung und fährt dann fort:
„Europa leidet unter zwei Sorten von Angst. Die zweite Angst ist eine 'gesellschaftliche'. Die Angst, das auszusprechen, was sich nicht gehört. … Als erste beklagten in Frankreich Soldaten in einem offenen Brief an den Präsidenten die Zustände. Aktuellen Umfragen zufolge teilen 80 Prozent der Franzosen ähnliche Ansichten. Kurz danach äußerte sich Barnier, aber nicht nur der. ... Erst wenn sich Europa von der 'gesellschaftlichen Angst' befreit, kann auch die reale Angst verschwinden.“