Dänemark half US-Geheimdienst bei Bespitzelung
Den gemeinsamen Recherchen mehrerer europäischer Medien zufolge hat Dänemarks Geheimdienst offenbar der US-amerikanischen National Security Agency (NSA) beim Ausspionieren wichtiger Politiker in EU-Staaten geholfen. Der französische Präsident Macron und die deutsche Kanzlerin Merkel kritisierten solch ein Vorgehen als "inakzeptabel". Wo überall Änderungsbedarf besteht, beleuchten die Medien.
Mangelnde Kontrolle
Für die Süddeutsche Zeitung werfen die Erkenntnisse ernsthafte Fragen auf:
„Die erste ist die, ob den Dänen tatsächlich die Nähe zu den USA so viel mehr bedeutet als das Vertrauen der europäischen Verbündeten. ... Demokraten haben allen Grund, peinlichst genau hinzuschauen. Was die Enthüllungen nun seit 2020 schon zeigen, ist ein Geheimdienst außer Kontrolle. Ein Dienst, der illegal mehrmals schon die eigenen Bürger ins Visier nahm. Die Geheimdienstkontrolle in Dänemark ist schwach. Sie braucht mehr Macht und mehr Mittel. Die Dänen sind stolz auf ihr Vertrauen in den Staat und seine Institutionen. Wie aber soll man auf den Rechtsstaat vertrauen, wenn ihn die untergraben, die mit seinem Schutze beauftragt sind?“
Partnerschaft braucht Vertrauen
Die Spionage-Affäre treibt einen Keil zwischen die Mitgliedsländer der EU, analysiert die Wiener Zeitung:
„Die USA werden die Enthüllungen zu dieser altbekannten Problematik ... mit einem kurzen 'Sorry' vom Tisch bekommen. ... Die dänische Regierung wird härtere Fragen beantworten müssen. In der EU geht es um eine grundsätzlichere Kategorie von Vertrauen. Der Aufbau einer gemeinsamen Sicherheits-, Verteidigungs- und Außenpolitik kann nur gelingen, wenn sich alle Partner sicher sein können, dass an ihrem Tisch kein U-Boot einer anderen Macht sitzt. Schon gar nicht, wenn diese China oder Russland heißt. Aber auch gegenüber den USA müssen sich die Europäer aufeinander verlassen können. Von all dem ist die EU noch weit entfernt.“
Europa auf Kindergartenniveau
Die EU-Staaten müssen ihre Nachrichtendienste dringend weiterentwickeln, fordert L'Echo:
„Man kann anfangen, von einem Europa zu träumen, das in der Lage ist, bei den Geheimdiensten in eine höhere Liga aufzusteigen. Es ist jedoch einer der Bereiche, wo ein Zusammenschluss am schwierigsten ist. Denn bitten Sie einmal die Geheimdienste der 27, mühsam ergatterte Informationen untereinander auszutauschen, wenn das nicht einmal den Diensten innerhalb eines Landes gelingt. … Da nun eine europäische NSA vorerst unwahrscheinlich ist, sollte man nicht erst einmal in funktionierende nationale Geheimdienste investieren? Sonst sind Belgier und Europäer in Sachen Geheimdienst weiter dazu verdammt, auf Kindergarten-Niveau zu spielen.“