Zweitwährung Bitcoin: Wie hoch pokert El Salvador?
Als erster Staat der Welt hat El Salvador Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel zugelassen. Hierzu startete es vergangene Woche ein auf der Kryptowährung basierendes digitales Zahlungs- und Umtauschsystem (Cyberwallet), genannt Chivo. Weltbank, IWF und Ratingagenturen sehen den Schritt sehr kritisch, auch in der Bevölkerung gab es Proteste. Das Presseecho fällt gemischter aus.
Mit Kryptogeld ist kein Staat zu machen
Dass die Entscheidung ein großer Fehler war, findet The Economist:
„Das Gesetz, das Präsident Nayib Bukele durchgesetzt hat, um Bitcoin neben dem US-Dollar zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen, ist despotisch. Es wird Unternehmen dazu zwingen, Bitcoin zu akzeptieren, obwohl das nur wenige wollen. Tatsächlich endete die Einführung eines neuen Cyberwallet namens 'Chivo', was so viel wie 'cool' bedeutet, im Chaos. Das Programm musste stundenlang offline genommen werden, weil die Server überlastet waren. Der Preis von Bitcoin brach am 7. September um zehn Prozent ein - einen Tag, nachdem Präsident Bukele Millionen von Dollar öffentlicher Mittel ausgegeben hatte, um 400 der Token zu kaufen.“
Traditionelle Überweisungen zu teuer und langsam
Nowaja Gaseta hingegen hat angesichts der hohen Kommissionen, die salvadorianische Gastarbeiter bei Geldtransfers in die Heimat berappen, volles Verständnis für die Einführung:
„400 Millionen Dollar werden so [jährlich] aus den Einnahmen von Geringverdienern abgezogen und wandern in die Taschen von Vermittlern, die mit den Unzulänglichkeiten des traditionellen Banksystems spekulieren. ... Geldüberweisungen geschehen in einem dem 21. Jahrhundert unwürdigen Tempo. Western Union braucht zum Beispiel drei Tage für einen Transfer aus den USA nach El Salvador. ... Mit Hilfe des Cyberwallet Chivo können die Salvadorianer Überweisungen 365 Tage im Jahr rund um die Uhr machen - ohne Mittelsmänner, ohne einen Cent Kommission und mit Gutschrift beim Empfänger innerhalb weniger Minuten!“