Covid-19: Droht ein neuer Winter-Lockdown?
In den meisten Ländern spricht man von der vierten, in Portugal von der fünften und in Spanien gar von der sechsten Corona-Welle. Überall in Europa werden Forderungen laut, die Maßnahmen wieder zu verschärfen. Ob Ausgangsbeschränkungen, Geschäftsschließungen und andere harte Restriktionen nötig und sinnvoll sind, debattiert die Presse kontrovers.
Bürger werden um Restriktionen betteln
Trotz überfüllter Intensivstationen beteuert Griechenlands Regierung immer wieder, es werde keinen weiteren Lockdown geben. Blogger Pitsirikos schreibt ironisch:
„Viele Griechen fragen sich, warum die Regierung noch keinen Lockdown verhängt hat, obwohl die Zahl der Fälle, Intubationen und Todesfälle in diesem Jahr deutlich höher ist als im November 2020, als das Land bereits im Lockdown war und Terror und Hysterie herrschten. ... Die Regierung tut etwas sehr Kluges: Sie wartet darauf, dass die Bürger einen Lockdown fordern. Die Bürger werden die Regierung anflehen, das Land abzusperren und sie in ihren Häusern einzuschließen.“
Portugal sollte mit dem Restrisiko leben
Wegen der hohen Impfquote sollte man in Portugal von härteren Restriktionen absehen, fordert Expresso:
„Da 87 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, wird dies der erste Winter sein, in dem Covid eine der Grippe sehr ähnlichen Krankheit sein wird. ... Wenn wir zu Paranoia und Restriktionen zurückkehren, obwohl die Bevölkerung geimpft ist, dann missachten wir den Impfstoff und die Wissenschaft und wir lassen die Bevölkerung erneut im Irrglauben. Wir müssen der Bevölkerung klar und deutlich sagen, dass die Pandemie vorbei ist, dass das Virus aber nicht ausstirbt, sondern so wie andere Atemwegsviren bleiben wird und dass jeden Winter Hunderte oder Tausende von Menschen in einem bestimmten Alter und/oder mit Vorerkrankungen daran sterben werden.“
Zögern aus politischem Kalkül
Polityka erwartet von der Politik erneute Einschränkungen:
„Je mehr die Regierung vor entscheidenden Schritten zurückschreckt, die das Ausmaß der aufkommenden vierten Welle begrenzen könnten, desto offensichtlicher scheint das politische Kalkül: Es ist nicht an der Zeit, die ungeimpften Wähler zu verärgern, die des Lockdowns im letzten Jahr überdrüssig sind. Premierminister Morawiecki macht daraus keinen Hehl. Natürlich kann man bis zum nächsten Frühjahr warten, ohne noch irgendwelche Einschränkungen einzuführen. Nur, dass das eine grausame Belastungsprobe für das Gesundheitswesen wäre, das auch so schon große Schwierigkeiten hat.“
Schließungen sind keine Lösung
Auch Tschechien zieht wegen der neuen Welle wieder die Zügel an. Ab Montag sollen nur noch Geimpfte und Genesene uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilhaben, was Novinky.cz ärgert:
„Wenn Impfstoffe so großartig und sicher sind, kann der Staat sie für obligatorisch erklären und fertig. ... Was andere Schließungen und Einschränkungen angeht, ist es absurd, immer wieder darüber zu reden und sie mit ernster Miene zu planen, als ob sie die Rettung wären. Schließlich hat auch ein kompletter Lockdown die Ausbreitung des Virus nicht verhindert. Warum also immer wieder dasselbe wiederholen?“
Solidarität am Ende
In Belgien bröckelt der Rückhalt für verschärfte Maßnahmen, sorgt sich De Standaard:
„Das 'Team der elf Millionen' ist auseinandergefallen. Der Wille, noch einmal solidarisch zu sein und alles zu geben, hat sich verringert, weil eine Minderheit die Impfung verweigert. Warum sollten diejenigen, die sich haben impfen lassen, jetzt noch einmal ihr Bestes geben, um eine Welle abzuschwächen, die größtenteils von denjenigen verursacht wurde, die dazu nicht bereit waren? Die fehlenden Perspektiven in Bezug auf die Pandemie haben den Rückhalt für die Maßnahmen schwinden lassen.“