Polen: Schadet der Abhörskandal der Regierung?
Polens Regierung soll Telefone der Opposition vor der Parlamentswahl 2019 mit Hilfe der Pegasus-Software ausspioniert haben. Unter den Ausspionierten ist der damalige Wahlkampfleiter der liberalkonservativen Bürgerkoalition, Krzysztof Brejza. Von ihm wurden damals manipulierte SMS in PiS-nahen Medien veröffentlicht und wegen der darauffolgenden Attacken musste er seinen Job aufgeben. Brejza ist sicher, dass die Wahl ohne Pegasus anders ausgegangen wäre.
PiS-Wähler müssen sensibilisiert werden
Der Journalist Michał Szułdrzyński von Rzeczpospolita rät der Opposition, sich genau zu überlegen, wie sie das Thema skandalisiert:
„Die PiS-Wähler sind heute vor allem über das Ausmaß der Inflation geschockt. Indem die Opposition sich auf Pegasus konzentriert, hilft sie somit paradoxerweise der Regierungspartei. Denn sie lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit von einem Thema, das die PiS Unterstützung kosten könnte, hin zu einem Thema, das die PiS-Wähler leider nicht interessiert. Ich will damit nicht sagen, dass die Opposition das Thema aufgeben sollte. Die illegale Überwachung eines Stabschefs der Opposition ist ein Schlag gegen den Kern der Demokratie. ... Die Opposition sollte sich jedoch überlegen, wie sie die Pegasus-Geschichte nicht nur ihren eigenen Wählern erzählen kann.“
Überwachung schreckt niemanden mehr
Interia erklärt, warum ein öffentlicher Aufschrei ausbleibt:
„Unser Mitbürger wird sein Telefon nicht wegwerfen, das ihn mit der Familie in Verbindung hält, mit dem er arbeitet oder sich entspannt. In gewisser Weise haben uns die großen US-Unternehmen, die jede Bewegung der Nutzer online verfolgen, mit der Überwachung vertraut gemacht. Der Preis für die moderne Überwachung ist für die meisten Bürger nicht die Androhung von Gefängnis, sondern allenfalls aufdringlichere Werbung. Außerdem ist das letzte Argument, das ein Bürger normalerweise einsetzt, um Zweifel zu zerstreuen, folgendes: 'Ich habe doch nichts zu verbergen'.“