Fünf Jahre MeToo: Was hat sich verändert?
Unter dem Hashtag MeToo veröffentlichen Frauen seit fünf Jahren ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung. In den USA und anlässlich des Weinstein-Skandals entstanden, erreichte die Bewegung schnell internationale Bedeutung. Europas Presse zieht Bilanz.
Wachsam bleiben und Druck machen
Für Veränderung braucht es langen Atem, erinnert die feministische Aktivistin Suzy Rojtman in Libération:
„Wir sind misstrauisch, weil wir die Geschichte kennen. Ende der 1980er Jahre haben wir Feministinnen sexuelle Gewalt gegen Kinder angeprangert. Das Gesetz über die Verjährungsfristen wurde 1989 zum ersten Mal geändert. ... Und dann lange nichts mehr. Ein bleiernes Schweigen hat sich darüber gelegt, bis der Skandal in den letzten Jahren erneut hervorbrach. Wir bleiben wachsam. MeToo wird weiterleben müssen, solange die Justiz nicht ihre Aufgabe erfüllt: den Opfern zuhören und durch die Verurteilung der Täter deutlich machen, dass diese Gewalttaten verboten sind.“
Die iranische Jugend erkennt ihre Chance
El País sieht ein Zusammenhang zwischen MeToo und den Protesten im Iran:
„Theokratien korrumpieren das menschliche Gewissen, um den heiligen Krieg, die heilige Folter, die heilige Pädophilie zu rechtfertigen. ... Aber sie vergessen, dass nichts gefährlicher ist als die Masse, vor allem, wenn es sich um gebildete Frauen handelt, wie die Iranerinnen heute. ... Seit fünf Jahren sind MeToo und der Feminismus eine breite Protestbewegung. ... Und es scheint, dass sich die iranische Gesellschaft dessen bewusst geworden ist. Massenhaft erkennen die jungen Menschen ihre historischen Chance: zu fordern, dass auch religiöse Normen ein Verfallsdatum haben und dass jeglicher Code, selbst wenn er als heilig gilt, sich mit dem gesellschaftlichen Wandel erneuern muss.“
Noch viele Fragen offen
Dass im Laufe der Kampagne auch Männer beschuldigt wurden, die später freigesprochen wurden und möglicherweise zu Unrecht am Pranger der Öffentlichkeit standen, beschäftigt Dagens Nyheter:
„Und wie geben wir jenen, die nicht vom Gericht verurteilt wurden, aber mit ihren Erfahrungen und ihrem Gefühl der Ohnmacht zurückgelassen werden, gleichzeitig Wiedergutmachung und eine Stimme? Was ist hier Gerechtigkeit? Wie finden wir möglicherweise Versöhnung? Der Hashtag ist fast in Vergessenheit geraten, die flammende Kampagne ist eher Erinnerung als ein laufender Prozess geworden. Aber bevor wir Antworten auf diese Fragen finden, hat MeToo noch viel zu tun.“