Slowakei: Fünf Jahre nach Mord an Ján Kuciak
Im Februar 2018 erschütterte der Auftragsmord an dem Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová die Slowakei und führte zu einer großen Protestbewegung. Diese mündete in den Sturz der damaligen Regierung unter dem populistischen und korruptionsverdächtigen Robert Fico und in eine Aufbruchstimmung. Doch fünf Jahre danach ist Ernüchterung eingetreten, konstatieren Kommentatoren.
Chance auf Erneuerung vertan
Peter Bárdy, Chefredakteur von Aktuality.sk - des Portals, für das Kuciak recherchierte - zeigt sich ernüchtert:
„Fünf Jahre danach ist die Slowakei sicherlich nicht der Staat, von dem Ján und Martina träumten. ... Die nach dem Mord entstandene Bürgerbewegung entwickelt nicht mehr die enorme Energie wie damals. Es ist jedoch eine gute Nachricht, dass irgendwo in uns noch Flammen lodern, die von zur Selbstreflexion unfähigen Politikern nicht gelöscht wurden. ... Wir haben noch einen langen Kampf für die Demokratie vor uns, den wir nicht nur uns selbst und den nachfolgenden Generationen schuldig sind, sondern auch dem Erbe der ermordeten Ján und Martina.“
Verhasste Eliten von damals wieder präsent
Ähnlich sieht es Deník N:
„Der Mord an zwei jungen Menschen schien ein Wendepunkt für die Slowakei zu sein, Zehntausende gingen damals regelmäßig auf die Straße, die populistische Regierung von Robert Fico stürzte, und die Slowaken wählten ein Jahr später die liberale Zuzana Čaputová zur Präsidentin. Doch nun steckt das Land erneut in politischen Problemen und wartet auf vorgezogene Neuwahlen, bei denen Fico erneut einen Großteil der Wähler gewinnen dürfte. Mit offen pro-russischen und extremistischen Themen.“
Investigativjournalismus bleibt unverzichtbar
Pravda sieht die Presse in einer besonderen Verantwortung für die slowakische Demokratie:
„Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz sind angesichts beispielloser Krisen nicht die Themen, die den öffentlichen Diskurs dominieren. ... Es ist auch verständlich, dass Gerechtigkeit, Gleichheit oder die Ethik des Anwaltsberufs nicht ganz oben auf der Liste unserer Bedürfnisse stehen. Umso mehr, wenn viele von uns von der Hand in den Mund leben. Genau deshalb aber brauchen wir gute investigative Journalisten. Solche wie Ján Kuciak.“