Nato-Frage: Ungarn sondiert in Schweden und Finnland
Seit Monaten verschleppt Ungarn seine Zustimmung zum Nato-Beitritt von Schweden und Finnland. Eine ungarische Verhandlungsdelegation unter Leitung des stellvertretenden Parlamentspräsidenten Csaba Hende wurde diese Woche in die beiden Länder entsandt, um das Problem zu diskutieren. Kommentatoren fragen sich, was hinter Orbans Verzögerungsstrategie stecken und ob sie Erfolg haben könnte.
Sinnlose Taktik
Der Versuch, die EU über die Nato zu erpressen, ist kontraproduktiv, meint Magyar Narancs:
„Eine naheliegende Erklärung [für das Verhalten der ungarischen Regierung] könnte sein, dass Orbán irgendwie versucht, die Freigabe von EU-Geldern zu erzwingen. ... Das ist jedoch unsinnig: Weder die finnische noch die schwedische Regierung werden sich einschüchtern lassen und die EU ist sowieso nicht die Nato. Damit kann Orbán nur erreichen, dass er auch die USA in seinen Konflikt mit der EU hineinzieht. ... Die ungarische Regierung hat nichts in der Hand - mit dem seit acht Monaten andauernden, unbegründbaren und sinnlosen Zögern und Zirkus schwächt sie nur ihre eigene Position. Und freilich auch die Ungarns.“
Schlechte Karten
Mit seiner Verzögerungstaktik verprellt Ungarn seine Partner, ergänzt Kaleva:
„Es ist unwahrscheinlich, dass Ungarn für Finnland und Schweden ein Hindernis auf dem Weg in die Nato sein wird. Zwar ist Orbán ein geschickter Taktiker, aber er hat schlechte Karten. Die EU wird wohl kaum bereit sein, Ungarns milliardenschwere Subventionen mit der Nato-Mitgliedschaft von zwei ihrer Mitglieder in eine Waagschale zu werfen. Es handelt sich um zwei völlig verschiedene Organisationen. Das hässliche Taktieren des ungarischen Premiers dürfte eher sowohl die EU- als auch die Nato-Mitglieder verärgern. Und überhaupt braucht Ungarn die EU und die Nato mehr als die EU und die Nato Ungarn brauchen. Das Endergebnis von Orbáns Tricksereien könnte letztlich ein peinliches Eigentor sein.“
Orbán will Extra-Punkte von Russland
Finnland und Ungarn sind eigentlich langjährige Freunde, seufzt Népszava:
„Einem der dunkelsten Diktatoren des 21. Jahrhunderts zuliebe, der seine Nachbarn offen unterjochen will, blockiert das Nato-Mitglied Ungarn seit Monaten den Beitritt eines europäischen Staates, der zwar über eine starke Armee verfügt, jedoch seit vielen Jahrhunderten im Schatten der russischen Unterdrückung lebt. ... 250 Jahre selbstlose Freundschaft geht den Bach runter, damit Viktor Orbán einen weiteren Extra-Punkt sammeln kann bei Russland, das die Ungarn im gleichen Zeitraum systematisch erobert und gedemütigt hat - das ist alles so deprimierend.“