Klimaproteste in der Hitzewelle
In Südeuropa herrscht erneut Extremhitze, der Klimawandel zeigt seine brutale Seite. Und just zu Beginn der Urlaubszeit haben Klimaaktivisten der "Letzten Generation" den Betrieb deutscher Flughäfen gestört, indem sie sich auf Rollfeldern festklebten. Hitzige Gemüter gab es auch bei einer Straßenblockade in Stralsund. Europas Presse diskutiert: Sind solche Aktionen angesichts der Probleme angemessen?
Vorbereitung auf die Folgen tut Not
Die Hitzewelle sollte auch überzeugte Klimaskeptiker zum Handeln bringen, findet Postimees:
„Was bedeutet es, wenn Hitze und die Verschlechterung der bestehenden Landwirtschaft große Menschenmassen mobilisieren? Es ist schwierig zu definieren, wer Schuld hat, und diese Frustration hat Klimaaktivisten in recht unkonstruktive Formen des Protests getrieben. Die Auseinandersetzung mit der Klimafrage scheint politisch unausweichlich zu sein, aber angesichts der Ereignisse in der Welt kann sie sich natürlich nicht auf die CO2-Emissionen beschränken. Wir müssen das Thema auch im Hinblick auf Medizin, Lebensrettung, Einwanderung, Landwirtschaft, Süßwasser und viele andere Aspekte betrachten.“
Wozu noch warnen?
Die Journalistin Paulina Januszewska verliert auf Krytyka Polityczna den Glauben an den Sinn ihrer Warnungen vor dem Klimawandel:
„2022 merkte ich, dass mir langsam die Höllenmetaphern ausgingen, um den Ernst der Klimaerwärmung und der schweren Folgen der erdrückenden, tödlichen Glut zu vermitteln. Auch dieser Sommer verschont uns nicht mit Hitze, die Grzegorz Walijewski, ein Sprecher des Instituts für Meteorologie und Wasserwirtschaft, ebenfalls als 'höllisch' bezeichnete. Daher erkläre ich offiziell, dass ich mich aus dem Wettbewerb um die effektvollste Wärme-Wortschöpfung zurückziehe, denn wie oft kann man dasselbe schreiben in einer Zeit, in der wir uns an hohe Thermometerstände gewöhnen müssen, ob wir wollen oder nicht?“
Aktivisten provozieren Gewohnheitstiere
Das rabiate Vorgehen eines Lkw-Fahrers in Stralsund, der einen blockierenden Klimaaktivisten angefahren hat, hat in Tschechiens sozialen Netzwerken Beifall gefunden, was Český rozhlas beklagt:
„Wenn junge Klimaschützer abseits der Hauptstraßen protestieren, nimmt niemand Notiz von ihnen, alles geht wie gewohnt weiter. Wenn sie Hauptstraßen blockieren, stehen sie, aber auch ihre Sorge um den Planeten, plötzlich überall im Raum. Sie haben Recht damit, uns Alte aufzurütteln. Weil wir nichts hören und sehen, weil wir nicht mit maximal Tempo 30 durch dicht besiedelte Stadtgebiete fahren, uns nicht demütigen lassen und auf unsere geliebten Verbrennungsmotoren nicht verzichten wollen - sprich: weil wir unsere Gewohnheiten nicht ändern wollen.“
Falsche Protestmethoden
Hospodářské noviny hat Bedenken:
„Was nützt es, den Verkehr zu blockieren, wenn die einzigen Menschen, die dadurch gefährdet werden, normale Menschen sind? ... Die Frustration und der Widerstand der einfachen Leute könnten in einer von den Klimaaktivisten verursachten Tragödie enden. ... Greenpeace beispielsweise ging gezielter und durchdachter vor. Als sie zu Recht das Gefühl hatten, dass die Energiekonzerne nicht genug für die Umstellung auf erneuerbare Energien tun, blockierten sie die Bagger, Schornsteine, die Hauptsitze der entsprechenden Unternehmen und demonstrierten vor den Gebäuden der Entscheidungsgremien. Nicht jeder musste mit Aktivisten dieser Art einverstanden sein, aber man konnte nicht sagen, dass sie fehl am Platz waren.“
Ziviler Ungehorsam hier fehl am Platz
Jyllands-Posten zeigt wenig Verständnis für derartige Proteste in funktionierenden Demokratien:
„Wir verstehen zivilen Ungehorsam, wenn Frauen aus Protest gegen das unterdrückerische Regime im Iran ihre Kopftücher wegwerfen oder wenn schwarze Gemeinschaften sich in Südafrika von der Apartheid befreiten. Es gibt notwendige Kämpfe für die Demokratie, aber keine Entschuldigungen für den Kampf gegen die Demokratie. Wir verstehen nicht, dass sich Klimaaktivisten in einer der größten Demokratien der Welt gegen die Gemeinschaft wenden und sich über die Rechtsstaatlichkeit erheben, indem sie die gemeinsame Infrastruktur lahmlegen. Das ist Ausdruck demokratischer Privilegienblindheit. Und kein kleines Vergehen.“
Keine unrealistischen Ziele setzen
T24 fordert, den Klimawandel als reale Bedrohung zu betrachten - aber bei den Gegenmaßnahmen keine Luftschlösser zu bauen:
„In fast jeder Region unseres Planeten werden Rekordtemperaturen verzeichnet. Die Türkei ist eine davon. ... Selbst wenn wir das [Klima-]Ziel nicht erreichen können, sind die Bemühungen, es zu erreichen, von entscheidender Bedeutung für unsere Zukunft. Doch wenn wir uns im Kampf gegen den Klimawandel auf ein unerreichbares Ziel konzentrieren, könnte unser Land in eine Lage geraten, die weitaus schwerwiegendere Folgen haben könnte als das Erdbeben, auf das wir nicht vorbereitet waren. Es ist vielleicht an der Zeit, realistischer zu werden.“