Zypern: Angriff auf UN-Blauhelme
Auf der geteilten Insel sind UN-Friedenstruppen attackiert worden: UN-Fahrzeuge wurden von Baumaschinen beiseite geschoben und es kam zu Handgemengen. Die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) will eine Straße in das partiell von Zyperntürken bewohnte Dorf Pyla/Pile bauen, die aber durch die "Grüne Linie" genannte Pufferzone laufen würde. Auch das Dorf liegt teilweise in der Pufferzone.
UN ignoriert Zyperntürken
Die Aufregung findet Milliyet bezeichnend:
„Wenn wir wissen, dass die 'Grüne Linie' so heißt, weil der Befehlshaber der britischen Streitkräfte auf Zypern, General Peter Young, 1963 die Waffenstillstandslinie zwischen [Zypern-]Türken und [Zypern-]Griechen mit einem grünen Stift auf die Karte zeichnete, fällt es uns vielleicht leichter, über die Frage nachzudenken, warum die UN, die USA und die EU auf der Formel eines geeinten Zypern bestehen, die die [Zypern-]Türken ignoriert. ... Ohne die Geschichte zu kennen, ist nicht zu verstehen, warum die UN mit den [Zypern-]Griechen quasi Sirtaki tanzt, während sie verhindert, dass aus dem Dorf Pile in der Grünen Linie eine Straße gebaut wird, damit die dortigen 400 [Zypern-]Türken leichter in den Norden reisen können.“
Die türkische Seite entrechtet niemanden
Hinter dem Straßenbau steckt keine böse Absicht, erklärt die nordzyprische Zeitung Kıbrıs:
„Wesentlich ist, dass fast das ganze Volk der Türkischen Republik Nordzyperns darin übereinstimmt, dass eine Straße für die Bewohner von Pile gebaut werden sollte. Die UNO und das griechisch-zypriotische Volk können sich diesen Forderungen nicht lange widersetzen. ... Sollten sie sagen 'Die Türken bauen hier zu militärischen Zwecken; sie wollen Larnaka unter ihre Kontrolle bringen', wäre das lächerlich. ... Derzeit denkt die Türkei nicht daran, die griechischen Zyprer zu ignorieren und ihre Rechte an sich zu reißen. Im Gegenteil.“
Es gibt Gründe für das Timing
Das Webportal In erörtert, warum gerade jetzt dieser Vorfall passiert:
„Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Eskalation auch damit zusammenhängt, dass die amerikanische Regierung [im September 2022] beschlossen hat, das Waffenembargo gegenüber der Republik Zypern aufzuheben, im Rahmen des 2019 vom Kongress verabschiedeten 'Eastern Mediterranean Security and Energy Partnership Act'. Das hat die Türkei und ihre Scheinregierung in den besetzten Gebieten besonders beunruhigt. Noch wahrscheinlicher ist, dass es um den griechisch-türkischen Dialog geht, der im Herbst stattfinden soll.“
Einseitige Sichtweise gefährdet Dialog
Die UN sind nicht neutral, findet Hürriyet und fürchtet um den Dialog mit Griechenland:
„Auf jeden Fall müssen wir uns fragen, ob sich dieses Ereignis negativ auf die positive Atmosphäre auswirken wird, die in der letzten Zeit zwischen der Türkei und Griechenland entstanden ist. ... Natürlich wird ein Großteil der internationalen Gemeinschaft dieses Ereignis anhand der Bilder interpretieren, in denen die Fahrzeuge mit UN-Aufschrift von TRNZ-Behörden aus dem Gebiet entfernt wurden - und nicht anhand der tatsächlichen Intervention der UN-Friedenstruppe in das nordzypriotische Projekt. Wenn man sich erinnert, dass die UN bei sehr vielen Krisen und Katastrophen nur Zuschauer blieb, ist es denkwürdig, was für eine Energie sie plötzlich hat, wenn der Adressat die Türkische Republik Nordzypern ist. “
Unhaltbarer Zustand
Eine Lösung des Zypernproblems ist jetzt nötiger denn je, findet Cyprus Mail:
„War es eine üble Fehleinschätzung oder war dies als Botschaft an die zyperngriechische Seite gedacht, was sie zu erwarten hat, wenn es zu keiner Einigung kommt? Wahrscheinlich beides, und dies unterstreicht die von Präsident Nikos Christodoulidis wiederholt geäußerte Behauptung, dass die Aufrechterhaltung des Status quo keine gangbare Option ist. Wenn Unficyp, die Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Zypern, in ein oder zwei Jahren abgezogen wird, wer würde dann die Pufferzone schützen? Und wer würde die Türken aufhalten, wenn sie sich entschließen, Truppen in diese Zone zu verlegen? Niemand garantiert den Fortbestand des Status quo.“