Putin und Kim: Entsteht eine neue Allianz?
Russlands Präsident Wladimir Putin und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un wollen ihre Zusammenarbeit vertiefen. Nach Kims Besuch am Weltraumbahnhof Wostotschny will Putin nun offenbar auch nach Nordkorea reisen. Obwohl keine Details bekannt gegeben wurden, ist Russland wohl an Waffen interessiert, während das von der Uno sanktionierte Nordkorea moderne Technik und Lebensmittel braucht.
Sanktionen sind zum Umgehen da
Die staatliche Agentur Ria Nowosti erklärt frei heraus, dass Moskau sich in Zukunft nicht mehr an die bislang von ihm mitgetragenen Nordkorea-Sanktionen halten wird:
„Russland wird das Sanktionsregime jetzt nicht aufkündigen - wir wollen den Amerikanern keinen Vorwand für das Zelebrieren von Wutanfällen vor der Uno geben. Russland wird diese Sanktionen umgehen, ohne es anzukündigen. In welchen Sektoren? Praktisch überall, denn die derzeitigen Sanktionen verbieten Nordkorea fast alle Außenhandelsaktivitäten und den Erhalt von Devisen. Egal, in welche Richtung man die Beziehungen auch entwickelt, man stößt auf Sanktionen. Aber Russland und unsere Wirtschaft haben schon jetzt nichts zu verlieren.“
Chance für Pjöngjangs Satellitenträume
Russland könnte Nordkorea beim Schritt ins Weltall helfen, analysiert Večernji list:
„Obwohl beide Länder nicht alle Details der Unterredung oder den Rahmen der Vereinbarung veröffentlicht haben, ist bekannt, dass Pjöngjang in den letzten sechs Monaten zweimal versucht hatte, einen Spionagesatelliten in den Orbit zu schicken. Beide Male war der Versuch fehlgeschlagen. Viele Analytiker glauben deshalb, Nordkorea könnte von Russland im Gegenzug für Raketen und Artilleriemunition Zugriff auf fortgeschrittene Militärtechnologie verlangen. Einen Spionagesatelliten zu starten, würde dem Regime eine viel genauere Planung eventueller Angriffe auf seine vielen Feinde ermöglichen.“
Da haben sich zwei gefunden
Putin und Kim sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, bemerkt Sega nicht unironisch:
„Die beiden sind sich inzwischen so ähnlich, dass sie sich ohne Übersetzer verstehen könnten, weil sie beide das Gleiche von sich geben: Drohungen gegen den Westen, militärische Zusammenarbeit, gegenseitige Unterstützung ihrer diktatorischen Regime. ... Russland und Nordkorea sind vor allem am Austausch von Waffen und Militärtechnik interessiert. In wirtschaftlicher Hinsicht schlägt Kim vor, Nordkoreaner zu exportieren, damit die Russen sie ausbeuten und einen Teil ihrer Gehälter für den Bedarf der hohen Führung in Pjöngjang überweisen.“
Peking als westlichen Partner gewinnen
Die Allianz zwischen Kim und Putin sollte auch China Kopfzerbrechen bereiten, meint Financial Times:
„Wenn die USA und ihre Verbündeten Einfluss auf Russland oder Nordkorea nehmen wollen, können sie nicht viel mehr tun, als die bereits umfangreichen Sanktionen zu verschärfen. Die US-Regierung muss glasklar machen, dass sie bereit ist, die militärischen Bemühungen der Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen. Trotz der jüngsten Spannungen zwischen den USA und China sollte sich Washington zudem verstärkt bemühen, mit Peking eine Verständigung über Bereiche von gemeinsamem Interesse zu erzielen. Dazu sollte auch gehören, alles Mögliche zu tun, um die zunehmend unberechenbaren Herrscher in Moskau und Pjöngjang in Schranken zu halten.“
Moskaus Munitionslager sind leer
Nordkorea kann vor allem Geschosse liefern, glaubt Jutarnji list:
„Pjöngjang verfügt über Produktionsstätten für Artilleriemunition und Raketen, die sowjetischen Standards entsprechen, die wiederum die russische Armee bei ihrem Angriff gegen die Ukraine nutzt. Die Angreifer haben dort in den ersten Kriegsmonaten Artilleriemunition ohne jegliche Kontrolle verbraucht (der Westen schätzt, dass letztes Jahr rund zehn bis elf Millionen Artilleriegranaten verschossen wurden) im Glauben, dadurch die Moral der Ukrainer zu zerstören. Das richtete doppelten Schaden an: Die Moral steht, aber die eigenen Munitionslager sind leer.“
So einfach ist das gar nicht
Neatkarīgā sieht Stolpersteine was die Möglichkeit von Waffenlieferungen angeht:
„Was passiert nun, wenn es zu einer Einigung kommt? Es wird für Russland schwer sein, die Lieferungen von großen Vorräten an Munition und Projektilen aus Nordkorea geheim zu halten, und Moskau muss möglicherweise zugeben, dass es gegen die Sanktionen des UN-Sicherheitsrates verstößt. Ein solcher Schritt könnte auch viele Staaten des sogenannten Globalen Südens verärgern. ... In russischen Fernsehpropagandasendungen haben mehrere Hitzköpfe bereits einen ihrer Meinung nach konstruktiven Vorschlag geäußert – es wäre doch gar nicht so kompliziert, so wie man für Sanktionen gegen Nordkorea gestimmt habe, so könne man doch die Unterschrift zurückziehen. Die UN-Charta sieht so etwas jedoch nicht vor.“
China rüstet Russland durch Hintertür auf
Warum Moskau, Pjöngjang und auch Peking von der russisch-nordkoreanischen Kooperation profitieren könnten, erklärt The Times:
„Eine Theorie besagt, dass Putins Interesse am Umgang mit Kim nicht so sehr darauf basiert, was Nordkorea zu bieten hat. Es geht demnach vielmehr darum, dass China verdeckt Ausrüstung liefern kann. Das könnte funktionieren, indem Kim einen großen Teil seines eingemotteten Militärgeräts an Putin übergibt. Im Gegenzug lässt er seine Bestände von China auffüllen. Kim erhält auf diese Weise dank Xis Generälen eine modernere Armee. Russland bekommt sein Kriegsmaterial. Und China kommt seiner Verpflichtung gegenüber Putin nach, kann das aber bis zu einem gewissen Grad nach außen hin abstreiten.“
Druck auf USA erhöhen
Eine subtile Erpressung vermutet Corriere della Sera:
„Moskau sagt, es werde über 'humanitäre Hilfe' für Nordkorea sprechen, das sich in einer ständigen Nahrungsmittelkrise befindet (die Ressourcen des Regimes fließen vor allem in die Entwicklung von Atomraketen). Dabei sind die Russen sichtlich bemüht, ihren verzweifelten Bedarf an Munition herunterzuspielen. ... Putin lässt durchblicken, dass er, indem er mit dem Marschall eine 'Achse des Bösen' bildet, die Verschärfung des Nordkoreaproblems herbeiführen könnte, sollte Joe Biden nicht einem Kompromiss in der Ukraine zustimmen.“
"Achse des Bösen" ist zurück
Laut Neue Zürcher Zeitung schart Putin einen Klub von Diktatoren um sich, um ein Gegengewicht zu den USA zu schaffen:
„Welch ein Abstieg für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. ... Wählerisch kann er ... nicht sein, mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un hofiert er einen der übelsten Diktatoren der Welt. Russland ist isoliert, und sein Präsident kann wegen des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs nur noch in eine kleine Zahl von Staaten reisen. Umso mehr lechzt der Kreml nach einem Beweis dafür, dass Russland noch immer Freunde hat – selbst wenn es Schurken sind. ... Zu Putins Diktatoren-Klub passt der Begriff der 'Achse des Bösen'. ... Russland, Iran, Nordkorea und Weissrussland eint das Interesse, den USA die Stirn zu bieten.“