Nahost-Gipfel in Riad: Was ist die Botschaft?
Auf ihrem Sondergipfel in Riad haben sich die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) und die Arabische Liga für ein sofortiges Ende der "israelischen Aggression" in Gaza und eine baldige Friedenskonferenz ausgesprochen. Die Forderung Syriens, die Beziehungen zu Israel abzubrechen, setzte sich nicht durch. Ein von Iran vorgeschlagenes Ölembargo hatte Saudi-Arabien schon zuvor abgelehnt. Kommentatoren ordnen ein.
Ein verlassenes Volk
Die Golfstaaten lassen Palästina im Stich, analysiert La Stampa:
„Es gibt keine Einigung über einen Ölboykott, weil man Angst hat, eine Maßnahme umzusetzen, die im Gegensatz zu den 1970er Jahren heute nicht mehr so wirksam ist. Die Araber sind nicht mehr die einzigen Ölherren und vor allem ist das Öl nicht mehr der König der Energie. Die Verteidigung des nationalen Reichtums hat im Laufe der Zeit dazu geführt, dass in der islamischen Welt eine Besonnenheit vorherrscht, die von Opportunismus geprägt ist. ... Die Palästinenser sind in der Tat ein verlassenes Volk. Zu denjenigen, die sie im Stich gelassen haben, gehören allzu oft auch Länder, die zumindest ein Lippenbekenntnis zu ihrer Verteidigung ablegen sollten.“
Anzeichen pragmatischer Kooperation
Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung wirft der Besuch des iranischen Präsidenten Raisi in Riad ein Licht auf geopolitische Veränderungen seit dem Terrorangriff der Hamas:
„Die von China vermittelte Normalisierung der saudisch-iranischen Beziehungen wird im Zeichen des Palästinensertuchs mit Leben gefüllt. Die von Amerika forcierte saudisch-israelische Annäherung muss dagegen auf bessere Tage warten. Aus westlicher Sicht ist es dennoch kein schlechtes Zeichen, wenn sich Iran und die arabischen Mächte zu pragmatischer Kooperation bereitfinden ... . So gern Vertreter Irans mit Israelhass Öl ins nahöstliche Feuer gießen, so klar erscheint doch, dass sich auch Teheran von der Hamas keinen 'Flächenbrand' aufzwingen lassen will.“
Heimliche Unterstützung Israels
Viele der teilnehmenden Länder hoffen insgeheim, dass Israel die Palästinenserfrage aus der Welt schafft, mutmaßt Večernji list:
„Die Zerstörung der Hamas ist nicht nur vorrangiges Ziel Israels und der USA, sondern auch vieler islamischer Länder, denn damit wäre die Palästinenserfrage für mindestens 30 Jahre vom Tisch, vielleicht sogar für immer. Viele arabische islamische Länder, die sich jetzt scheuen, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren, würden dies dann tun. Die arabische und islamische Welt schweigt nicht aus Angst vor Israel oder den USA, das Schweigen ist vielmehr eine stille und heimliche Unterstützung Israels, das die Palästinenserfrage endgültig lösen soll, welche die arabischen und islamischen Länder schon seit mehr als 75 Jahren plagt.“
Zumindest positive bilaterale Effekte
Friedensappelle wie in Riad sind nicht wirkungslos, kommentiert Yetkin Report:
„Schon die Tatsache, dass solche einheitlichen Statements abgegeben wurden, hat bereits zu gewissen Veränderungen in den regionalen Gleichgewichten geführt. ... So wurde die Zusammenarbeit zwischen Saudi-Arabien und Israel, die das Rückgrat des Projekts 'Wirtschaftskorridor Indien-Nahost-Europa' bildete, nach dem Angriff der Hamas auf Eis gelegt. ... Saudi-Arabien hat sich dem Iran angenähert, um gemeinsame Öl- und Gasinteressen zu schützen. Mohammed bin Salman und Ebrahim Raisi gaben sich auf dem Gipfel in Riad die Hand. Ebenso traf sich Präsident Erdoğan mit dem ägyptischen Präsidenten al-Sisi; die Gaza-Krise hat den Normalisierungsprozess zwischen der Türkei und Ägypten beschleunigt.“