Finnland macht Grenze zu Russland weitgehend dicht
Finnlands Premier Petteri Orpo hat angekündigt, sieben der acht Grenzübergänge zu Russland zu schließen. Zuvor hatte Vizejustizkanzler Mikko Puumalainen die völlige Schließung verhindert. Allein im November haben mehrere hundert Migranten überwiegend aus dem Nahen Osten, Afrika, Irak und dem Jemen ohne gültige Papiere die russische Grenze in Richtung Finnland passiert.
Verfassung gilt trotz Alarmbereitschaft
Die Einwände des stellvertretenden Justizkanzlers sind berechtigt, betont Helsingin Sanomat:
„Mikko Puumalainen hat die Entscheidung nicht verhindert - die Regierung hat nach Rücksprache mit ihm beschlossen, sie nicht zu treffen. Am Mittwoch stellte das Innenministerium einen neuen Entwurf zu weiteren Restriktionen an der Ostgrenze fertig, der laut Puumalainen keine Probleme aufweist. ... Es ist klar, dass es in der aktuellen Situation nicht auf die Zahl der Asylbewerber ankommt, sondern auf das veränderte Verhalten Russlands. … Es gibt auch Grund zur Annahme, dass Russland Finnland auf noch unangenehmere Art und Weise aggressiv herausfordern wird. Darauf sollten wir uns ernsthaft vorbereiten. Aber gleichzeitig müssen wir die Verfassung ernst nehmen.“
Hybride Kriegsführung nach alten Mustern
Bei den illegalen Grenzüberquerungen der Migranten handelt es sich um ein klassisches Druckmittel Russlands, analysiert Jutarnji list:
„Russland griff wieder zur Taktik der 'hybriden Kriegsführung' wie im Winter 2015, als es tausende von Migranten an seine nördliche Grenze zu Finnland schickte. ... Seit dem Beitritt Finnlands zur Nato dieses Jahr sind die Spannungen zwischen den beiden Ländern immer intensiver, und die Finnen glauben nun, es handele sich um Rache für ein angekündigtes Militärabkommen mit den USA.“
Sicherheit geht vor
Die nationale Sicherheit hat letztlich Priorität, betont Etelä-Suomen Sanomat:
„Finnland muss zwar auch moralische Fragen berücksichtigen: Inwieweit erfordern internationale Verträge ein Bearbeiten der Asylanträge oder dürfen die Asylbewerber zwischen den Schlagbäumen an der Grenze diesem eisigen Wetter ausgeliefert werden? An erster Stelle steht jedoch die Sicherheit Finnlands. Da dürfen keine Abstriche gemacht werden. Wie können wir zum Beispiel sicher sein, dass sich unter den Ankömmlingen keine Soldaten oder Aktivisten befinden? Wenn die Situation eine vollständige Schließung der Grenze erfordert, dann muss sie geschlossen werden.“
Moskau profitiert nur kurzfristig
Helsingin Sanomat schätzt die Folgen für Russland ab:
„Russland kommt die Schließung seiner Grenzen gelegen, wenn es ein abgeschotteter Polizeistaat wie die Sowjetunion werden will. Einberufene Männer können nicht in den Westen abwandern, und andere Bürger können keine schädlichen Einflüsse aufnehmen. Die Theorie ist aber nicht wasserdicht. Die Grenzen Russlands zur Türkei, zu Georgien, Kasachstan und anderen Ländern, in die viele russische Männer vor der Mobilisierung geflohen sind, sind noch offen. … Außerdem schießt sich der Kreml selbst ins Knie, weil er den Schmuggel sanktionierter Waren über die finnische Landgrenze erschwert.“
Ostgrenze am besten gemeinsam verteidigen
Postimees ist besorgt, weil der estnische Grenzübergang Narva der nächste zu Finnland ist und Russland bereits Flüchtlinge dorthin geschickt hat:
„Estland muss bereit sein, den Migrationsdruck abzuwehren, den Russland in Form eines hybriden Krieges auf mehrere seiner Nachbarländer ausübt. Diese Abwehr ist jedoch am effektivsten in Zusammenarbeit mit Estlands Nachbarländern und der Europäischen Union. Tatsächlich testen Moskau und Minsk weiterhin die EU - es ist klar, dass, wenn die östliche Grenze der Europäischen Union nicht standhält, auch der Schengen-Raum auseinanderzufallen beginnt, wenn die Mitgliedstaaten der EU beginnen, ihre Grenzen zu schließen.“