Frankreichs Premierministerin Borne gibt Amt auf
Die französische Premierministerin Elisabeth Borne ist zurückgetreten und hat damit den Weg für eine Regierungsumbildung frei gemacht. Zu ihrem Nachfolger wurde Bildungsminister Gabriel Attal ernannt. Hintergrund sind die Schwierigkeiten des Regierungslagers, das keine absolute Mehrheit hat, Gesetzesvorhaben wie jüngst das zur Migration durchzusetzen. Was bedeutet das für das Land und Präsident Emmanuel Macron?
Alles oder nichts
Macrons Vorgehen ist riskant, analysiert der Historiker Jean Garrigues in Le Figaro:
„Ein Wechsel des Premiers ist heute wie alles oder nichts. Wenn der neue Mieter des Hôtel Matignon [Sitz des Premiers] es schafft, der fünfjährigen Regierungszeit eine neue Dynamik zu verleihen, die auf der von Emmanuel Macron bei seinen Neujahrswünschen erwähnten bürgerlichen und moralischen 'Aufrüstung' beruht, und wenn sich diese neue Dynamik in einer Aufholjagd bei den Europawahlen äußert, dann ist die Wette gewonnen. ... Doch wenn der neue Premier keine Spuren hinterlässt und die Liste des Präsidenten von der Liste des Rassemblement National deutlich geschlagen wird, dann bleibt dem Staatschef kein Handlungsspielraum mehr.“
Le Pen sitzt Macron im Nacken
Mit Borne oder ihrer Politik hat der Wechsel wenig zu tun, interpretiert Corriere della Sera:
„Es ist ein entscheidender Moment für Macron, der seine Regierungstätigkeit im Hinblick auf die Europawahlen im kommenden Juni wiederbeleben muss. Sollte seine Gegnerin Marine Le Pen weiter vorrücken, würde der Präsident auch in seinem europäischen und internationalen Handeln geschwächt werden. Macron muss eine Wende herbeiführen, und er tut dies in der französischen Tradition, indem er die Premierministerin auswechselt. Ein Posten, der schon immer dazu prädestiniert war, geopfert zu werden, um eine neue Phase einzuleiten.“
Der Präsident steht allein da
Das hat Konsequenzen für Macron, urteilt La Croix:
„Die Premierministerin auszutauschen ist schön und gut. Aber warum? Die Antwort ist bekannt: Damit Emmanuel Macron nach der desolaten Abstimmung über das Einwanderungsgesetz, die auf die ebenso turbulente Rentenreform folgte, wieder die Kontrolle übernehmen kann. Doch die beiden Ereignisse verdanken wir den Entscheidungen des Präsidenten. Die Premierministerin hat seine Anweisungen lediglich loyal umgesetzt. … Es ist besorgniserregend, dass Macron in der Konfrontation mit der Nation zunehmend allein dasteht. Das Parlament nimmt seine Rolle als Gesetzgeber und Kontrollinstanz nicht mehr wahr und vermittelt das Bild, dass derjenige der am lautesten schreit, am meisten gehört wird.“