Stand kurz vor Nawalnys Tod ein Austausch bevor?
Der im Straflager verstorbene Kremlkritiker Alexej Nawalny sollte laut Aussagen seines Teams gegen den in Deutschland verurteilten "Tiergartenmörder" Wadim Krassikow ausgetauscht werden. Maria Pewtschich, die Leiterin der Nawalny-Organisation FBK, erklärte, dass geheime Verhandlungen bereits im finalen Stadium gewesen seien. Nun fragen die Medien nach dem Sinn der Verhandlungen und ihrer möglichen Sabotage.
Putin konnte Nawalny nicht ziehen lassen
Journalist Alexej Kowaljow schreibt in einem von Echo übernommenen Telegram-Post von einem regelrechten Anti-Nawalny-Apparat:
„Putins völlig irrationaler und daher kontraproduktiver Hass auf Nawalny war zu einem der wenigen explizit artikulierten Grundpfeiler der Staatsideologie geworden. Er wird von einer ganzen Abteilung der Staatspropaganda bedient. ... Nach der Zahl der Mitarbeiter zu urteilen, handelt es sich schon um ein vollwertiges Ministerium mit einigen Unterabteilungen: Sicherheit, Spionage, Ideologie usw. All diese Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschen sind ausschließlich damit beschäftigt, Putins Phobie zu bedienen. Im Umkehrschluss der Logik dieser Branche ist ein lebendiger Nawalny mit dem lebenden Putin definitiv unvereinbar, was leider zu dem bekannten Ergebnis führte.“
Das Agentennetz bei der Stange halten
Der Politologe Abbas Galliamow erklärt auf Facebook, warum eine Rückholung des "Tiergartenmörders" für den Kreml hohe Priorität hat:
„Viele denken: Wer zum Teufel ist dieser Krassikow? Warum sollte Putin ihn gegen Nawalny austauschen? ... Tatsächlich ist die Motivation des russischen Präsidenten recht offensichtlich: Seine Agenten brauchen die Gewissheit, dass er alles tun wird, um sie aus ausländischen Gefängnissen herauszuholen. Nur als Gegenleistung für solches Agieren werden sie weiterhin gehorsam seine Befehle ausführen und unerwünschte Leute im Ausland töten. Wenn er diesen Eifer nicht an den Tag legt, werden sie anfangen nachzudenken, ob sie es riskieren sollen oder nicht. “
Westen könnte vor Dilemmata stehen
Wenn es stimmt, was Nawalnys Mitstreiter über einen möglichen Austausch sagen, dann hat Putin den Westen wieder einmal vorgeführt, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Er weiß nun, dass dieser im Prinzip offenbar sogar bereit ist, vom russischen Staat beauftragte Mörder freizulassen. Das könnte den Kreml dazu animieren, weitere Geiseln zu nehmen – und den Westen so vor schreckliche Dilemmata zu stellen. Und es könnte ihn ermutigen, in EU- und NATO-Staaten noch offensiver morden zu lassen, als er es ohnehin bereits tut.“