Hunger in Gaza: Was muss jetzt passieren?
Durch den Kampf Israels gegen die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen hat sich die Lage für die Zivilbevölkerung inzwischen derart verschlechtert, dass laut Angaben der USA die ganze Bevölkerung akut von Hunger bedroht ist. Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell warf Israel vor, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen, da die Hilfsgüter viel zu lange in Kontrollen feststeckten. Netanjahu widersprach: Israel unternehme äußerste Anstrengungen, um Hilfslieferungen zu ermöglichen.
Mehr Druck auf Netanjahu
El País fordert:
„Netanjahu weiß, dass ihn nur die Aufrechterhaltung der Feindseligkeiten an der Macht hält. ... Obwohl er die Tür zu Verhandlungen nicht verschlossen hat, gibt es keine Anzeichen dafür, dass er von seinem Kurs abweicht. Er weigert sich, Hilfskorridore für die Zivilbevölkerung zu öffnen. ... Die USA sollten ihre Militärhilfe für Israel an Bedingungen knüpfen, und die EU sollte ihre Beziehungen zur Regierung überprüfen. Beide sollten die Anerkennung eines palästinensischen Staates erwägen. ... Und vor allem sollten sie fordern, dass die Maßnahmen eingehalten werden, die der Internationale Gerichtshof vor mehr als einem Monat in Den Haag diktiert hat: Kriegsverbrechen müssen unbedingt verhindert werden. Die Lage ist ernst, der Druck auf Netanjahu muss zunehmen.“
Eine menschengemachte Katastrophe
Die Unterstützung Israels muss an Bedingungen geknüpft werden, mahnt auch The Guardian:
„Die Frage ist nicht mehr, ob Palästinenser aufgrund einer Hungersnot verhungern werden, sondern wie viele. ... Familien essen Tierfutter und Gras und trinken verschmutztes Wasser. Daran ist keine Naturkatastrophe schuld, es handelt sich um eine von Menschen verursachte Hungersnot. ... Der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell hat Israel vorgeworfen, Hunger als Kriegswaffe einzusetzen. Am Dienstag erklärte das UN-Menschenrechtsbüro, dass die Beschränkungen der Hilfe einem Kriegsverbrechen gleichkommen könnten. ... Die USA sollten klarmachen, dass sie Israels Recht anerkennen, seine Bürger zu schützen, sie sollten aber ihre Militärhilfe vom Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza abhängig machen.“
Auch die Hamas hat es in der Hand
Nicht nur Israel ist an der Misere schuld, wendet Corriere della Sera ein:
„Warum denkt keiner der vielen, die ihr Entsetzen über den 'Völkermord', dem die Palästinenser in Gaza angeblich durch Israel ausgesetzt sind, zum Ausdruck bringen, an einen offensichtlichen Sachverhalt? ... Nämlich, dass sich die israelische Regierung aller Wahrscheinlichkeit nach in dem Moment, in dem sich die Hamas im Gegenzug für einen Waffenstillstand dazu verpflichten würde, die mehr als hundert beim Pogrom vom 7. Oktober gefangen genommenen Geiseln freizulassen, gezwungen sehen würde, dem erwähnten 'Völkermord' ein Ende zu setzen? Und warum kommt keiner auf die Idee, dass, wenn dies nicht geschieht, vielleicht auch die Hamas-Terroristen eine gewisse Verantwortung für den Tod der Bewohner von Gaza tragen?“
Schuldzuweisungen machen niemanden satt
Neben warnenden Worten braucht es jetzt Taten, so Irish Independent:
„Hilfsorganisationen beschuldigen Israel der Blockade des Gazastreifens, Tel Aviv beharrt hingegen darauf, dass es Hilfe ermöglicht, aber die UNO und Hilfsorganisationen schuld seien. Doch die Energie, die nun auf Schuldzuweisungen verschwendet wird, wird niemanden in der belagerten Enklave satt machen. ... Ohne einen Waffenstillstand schweben Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen Menschen, in höchster Lebensgefahr. Die Welt darf nicht tatenlos dabei zusehen, wie eine von Menschen verursachte Hungersnot ein Massensterben verursacht.“
Israels wohl größter Feind ist die eigene Regierung
Volkskrant-Kolumnistin Ibtihal Jadib fordert mehr Realitätssinn von den Kriegsparteien:
„Jede neue Vergeltung führt nur zu einem neuen Verlust. Hamas hat bald keine Bevölkerung mehr, für die sie sich (vermeintlich) einsetzen kann. Die israelische Regierung hat ihre Stellung auf der politischen Weltbühne beschädigt. Beiden Lagern fehlt es an Realitätssinn. ... Wenn der Plan von Netanjahu nicht mehr umfasst, als alles platt zu bombardieren, werden aus diesem rechtelosen Niemandsland immer wieder neue Bedrohungen kommen. Die israelische Bevölkerung muss vor vielen Feinden geschützt werden, aber die eigene Regierung ist zur Zeit vielleicht der größte.“