EU-Wahl: Was steht im Fokus?
Eine Woche vor der Wahl zum Europaparlament am 6. bis 9. Juni richten die Kommentatoren der europäischen Presse ihr Augenmerk auf die dominierenden Themen und Entwicklungen – und darauf, was im Wahlkampf bisher zu kurz kommt.
Klimaschutz in die Debatte zurückholen
Klima- und Umweltschutz müssen im aktuellen Europawahlkampf mehr Aufmerksamkeit erhalten, drängt Stéphane Sahuc, Chefredakteur von L'Humanité:
„Den Klimawandel kann man nicht bekämpfen ohne die Frage zu stellen, inwiefern Industrie-, Landwirtschafts-, Handels-, Energie- und Sozialpraktiken zu ändern sind. Die Folgen dieser Änderungen müssen politisch diskutiert werden. Ebenso muss debattiert werden, wie man sie gemeinsam angeht, ob nun auf nationaler oder europäischer Ebene. … Die wissenschaftlichen Argumente zugunsten von klientelistischen Interessen oder denen von Industrielobbys zu ignorieren oder kleinzureden ist kriminell und verhindert die Ausarbeitung sämtlicher Lösungen.“
Sozialpolitische Werkzeuge einsetzen
Obwohl soziale Aspekte im Wahlkampf wenig angesprochen würden, wäre die EU leicht sozialer zu machen, betont Ökonom und Ex-Vorsitzender des EU-Beschäftigungsausschusses Bruno Coquet in Le Monde:
„Es geht darum, den Gründungsehrgeiz des sozialen Europas zu verkörpern und eine echte europäische Jobstrategie zu definieren, die nicht auf den europäischen Sockel sozialer Rechte reduziert wird. Man braucht nichts zu erfinden, nichts neu zu verhandeln. Es genügt, sicherzustellen, dass die von den Verträgen vorgesehenen Mittel, Instrumente, Prozeduren und Institutionen auch tatsächlich genutzt werden.“
Gegen Rechts braucht es Politik, nicht Geraune
Der Kurier ruft die gemäßigten Parteien auf, endlich die Themen der Rechtsaußen-Kräfte zu bearbeiten:
„Mit der nahenden EU-Wahl wächst das allenthalben an die Wand gemalte Ungeheuer vom drohenden 'Rechtsruck' in Europa. ... Nur, weil sich rechts- (wie links-)populistische Politiker auch ein paar vernünftiger Haltungen und Meinungen des 'populus', des Volkes, annehmen, sind die Haltungen und Meinungen per se nicht falsch. Populär ist nicht automatisch populistisch. Und für Politiker wie Medien gilt: So lange man, anstatt sich mit den Themen auseinanderzusetzen oder sie zu bearbeiten, scheinbar unbesiegbare Ungeheuer an die Wand malt, wird man diese nicht besiegen.“
Interessen der Rechtsaußen-Parteien disparat
Die Chance auf eine Superfraktion rechts der EVP ist trotz aller Befürchtungen nicht groß, findet De Volkskrant:
„Zusammenarbeiten war nie die stärkste Seite der Parteien, die die etablierte Ordnung aufbrechen wollen, vom Kampf und von Provokation leben. Außerdem: Wer sein nationales Interesse voranstellt, prallt auf Gleichgesinnte, die ihre eigenen, ganz anderen nationalen Interessen haben. ... Le Pen und Meloni haben nie ein besonderes gutes Verhältnis zueinander gehabt. ... Meloni ist nun eine einflussreiche Regierungschefin in Brüssel. Diese Position wird sie nicht so schnell in Gefahr bringen durch ein engeres Band mit Le Pen, der man in Brüssel tief misstraut.“