Scholz in Warschau: Weg frei für echte Kooperation?

Premier Donald Tusk hat Kanzler Olaf Scholz in Warschau empfangen. Bei den ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit Tusks Mitte-Links-Bündnis die rechtskonservative Vorgängerregierung abgelöst hat, betonten beide Seiten, man wolle die Zusammenarbeit auf neue Füße stellen, insbesondere in Sachen Sicherheitspolitik. Beim Streitthema Kriegsentschädigungen blieben beide Regierungschefs vage.

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Tygodnik Powszechny (PL) /

Erst Geschichte aufarbeiten

Tygodnik Powszechny kommentiert:

„Der Mangel an Konkretem in der Frage der Wiedergutmachung für deutsche Verbrechen erlaubt es nicht, von einem Neuanfang in den deutsch-polnischen Beziehungen zu sprechen. ... Die Zusammenarbeit von Polen und Deutschland ist entscheidend, gerade bei dem wichtigsten Thema, nämlich der Unterstützung der Ukraine und der Stärkung von Nato und der EU im Falle einer weiteren Eskalation des russisch-ukrainischen Krieges oder eines für uns ungünstigen Verlaufs. Und es ist sehr gut, dass die beiden Regierungen in diesen grundlegenden Fragen gemeinsame Positionen erarbeiten. Damit die polnische Gesellschaft jedoch an die Stärke dieses Bündnisses glaubt, müssen sich die Politiker zunächst mit der Geschichte auseinandersetzen.“

wPolityce.pl (PL) /

Tusk lässt zu, dass Scholz das Land demütigt

Tusk hat die Reparationsforderungen aufgegeben und im Gegenzug nichts Konkretes erhalten, kritisiert das rechte Online-Portal wPolityce:

„Es liegt ein professionelles Gutachten vor. Es gibt konkrete Beträge, die berechnet wurden, und die müssen eingefordert werden. Tusk hat dies aufgegeben, im Austausch für leere Gesten, die im Übrigen nachlässig, schlampig und unachtsam geleistet wurden. ... Es ist lange her, dass Polen so schwer gedemütigt wurde wie heute, während der gemeinsamen Pressekonferenz von Tusk und Scholz.“

Welt (DE) /

Es wird keinen Honeymoon geben

Polen wird für Deutschland ein schwieriger Partner bleiben, bremst die Welt:

„In der Migrationsfrage etwa steht Polens neue Regierung der alten näher als den deutschen Sozialdemokraten oder gar den Grünen. Ähnliches gilt für die Verteidigungsbereitschaft. Und auch in der Frage der Entschädigungen, die Deutschland bisher auf die lange Bank geschoben hatte, wird Polen hartnäckig bleiben. Es wird keinen deutsch-polnischen Honeymoon geben.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Berlin sollte eine konkrete Summe nennen

Beim Thema Entschädigung fordert die Süddeutsche Zeitung Großzügigkeit von deutscher Seite:

„Dass Olaf Scholz beim Besuch in Warschau noch keine konkrete Summe nennen konnte für eine finanzielle Geste gegenüber noch lebenden Opfern, ist ... nicht gut. Es stimmt zwar, dass auch der Einsatz für die künftige Sicherheit Polens und Europas eine Lehre aus der Geschichte ist. Trotzdem muss auch bei den Entschädigungen schnell ein klareres Signal kommen, wenn der Neuanfang zwischen beiden Ländern wirklich gelingen soll. Nach so langem Warten.“