Türkei torpediert Netflix-Serie über Zypern
Netflix hat nach Beschwerden türkischer Behörden die ab 20. September geplante internationale Ausstrahlung der Fernsehserie Famagusta über die türkische Invasion Zyperns 1974 ausgesetzt und wird sie nur in Griechenland anbieten, wo sie bereits im Fernsehen lief. Das Außenministerium in Ankara argumentiert, die Serie leiste der "schwarzen Propaganda" der Zyperngriechen Vorschub.
Demontage eines 50 Jahre alten Mythos
Ankara hat Angst vor der Wahrheit, findet Phileleftheros:
„Die Aufnahme von 'Famagusta' in die Netflix-Plattform war für die türkische Seite sehr ärgerlich. Einige der historischen Wahrheiten, die in der Serie dargestellt werden, zeigen die Brutalität der türkischen Invasion von 1974 und widerlegen das Narrativ einer friedenserhaltenden Operation. Über eine digitale Plattform können diese Kurzgeschichten, die Teile einer größeren Wahrheit über die Geschehnisse von 1974 sind, die ganze Welt erreichen, was die Türkei nicht will. Seitdem sind 50 Jahre vergangen. Es scheint, dass diese Möglichkeit die türkische Regierung beunruhigt.“
Streaming-Dienste werden zu Propaganda-Plattformen
Die Netflix-Serie ist einseitig und diffamierend, schimpft die konservative regierungstreue Yeni Şafak:
„Wir sind in letzter Zeit sehr oft mit dem Phänomen konfrontiert, dass einige Staaten solche Räume für ihre eigene Propaganda nutzen. Die jüngsten Diskussionen über die bevorstehende Veröffentlichung von 'Famagusta', einer von Griechenland und Südzypern [Republik Zypern] koproduzierten Serie, auf Netflix sind ein konkretes Beispiel für dieses Problem. Die betroffenen Länder wollen mit 'Famagusta' die Zypern-Friedensoperation und die ihr vorangehenden historischen Fakten einseitig darstellen und die friedliche Intervention des türkischen Militärs als Besatzung darstellen.“
Offenbar ein beeindruckendes Werk
Der zyperntürkische Kolumnist Şener Levent weist in Politis den Propaganda-Vorwurf vehement zurück:
„Ich habe die Serie noch nicht gesehen. Aber wenn man sich die Reaktionen der Funktionäre in Ankara und [dem türkisch besetzten Teil von] Nikosia ansieht, muss es sich um ein sehr beeindruckendes Werk handeln. Sie waren schon wütend, bevor der Film überhaupt veröffentlicht wurde. … Das sei schwarze Propaganda, sagt man. Die türkische Armee habe keine Zivilisten getötet, sagt man. … Als ob sie es nicht gewesen wäre, die Varosha bombardiert hat. … Kann man weiße Propaganda für dieses Höllenfeuer machen? So viel Blut. So viel Tod. So viel Vergewaltigungen. So viele Vermisste. Ist das nicht schwarz - einfach nur schwarz?“