Frankreich: Was tun gegen die Drogengewalt?
Schon 17 Menschen sind dieses Jahr in Frankreich bei Auseinandersetzungen im Drogenmilieu getötet worden. Zuletzt starb ein 15-Jähriger in Poitiers, in Rennes wurde ein Fünfjähriger durch Schüsse schwer verletzt. Die Gewalt breitet sich zunehmend auch in ländlichen Gebieten aus. Innenminister Bruno Retailleau spricht von einer "Mexikanisierung" und will vor allem den Drogenkonsum bekämpfen. Die Landespresse würde woanders ansetzen.
Cannabis endlich legalisieren
Der Staat muss den Dealern die Geschäftsgrundlage entziehen, glaubt Libération:
„Die Schuldzuweisungen an erwachsene Konsumenten wirken deplatziert. ... Für die schädlichen Wirkungen eines exzessiven Drogenkonsums zu sensibilisieren, ist absolut legitim. Dies hätte jedoch mehr Sinn im Rahmen einer staatlich überwachten Produktion und legalen Verkaufs von Cannabis zu Erholungszwecken. Denn dies ist im Grunde das einzige Mittel, um den Dealern (teilweise) den Boden zu entziehen: mit einer Qualitätsgarantie und attraktiven Preisen. Die Steuereinnahmen könnten einer Drogenpolitik zugutekommen, die diesen Namen verdient. Es ist im Übrigen bemerkenswert, dass keines der immer zahlreicheren Länder, die sich für die Legalisierung entschieden haben, zurückgerudert ist.“
Neue Industrien statt Fassadenkosmetik
Das Land muss wirtschaftlich schwache Regionen wieder auf die Beine bringen, drängt Geograf Laurent Chalard in Le Figaro:
„Der Staat muss die Ärmel etwas weiter hochkrempeln, um eine neue Raumordnungspolitik in Gang zu bringen, die diesen Namen verdient und in diesen Gebieten neue Hoffnungen erweckt, was langfristig den Drogenkonsum senkt. Die 'kosmetische' Politik der Fassadenerneuerung nach Art von [staatlichen Entwicklungsprogrammen wie] 'Aktion Herz der Stadt' oder 'Kleinstädte von morgen' muss Platz machen für eine Politik wirtschaftlicher Wiederbelebung, die eine wirkungsvolle Reindustrialisierung erfordert, was bislang noch mehr verkündet als umgesetzt wird. In diesem Rahmen sollten die Anstrengungen und das Geld in die Gebiete mit den größten Schwierigkeiten gesteckt werden – in Kleinstädte mit Industrietradition.“