Überraschung bei Präsidentschaftswahl in Rumänien
Vor der rumänischen Präsidentschaftswahl war spekuliert worden, ob der rechtsextreme AUR-Chef George Simion in die Stichwahl einziehen könnte. Nun liegt überraschend ein anderer Rechtaußen-Kandidat sogar in Führung: Călin Georgescu wurde 2022 wegen Holocaust-Leugnung angeklagt, Rumäniens Nato-Mitgliedschaft kritisiert er scharf. Premier Marcel Ciolacu verpasst offenbar wenige Stimmen hinter der liberal-konservativen Elena Lasconi die Stichwahl.
Ergebnis von Frust und schlechter Regierungsführung
Bei Spotmedia sieht man mehrere Gründe für Georgescus Sieg:
„Der Frust eines großen Teils der Bevölkerung, der mit seinen Problemen, Ängsten und Erwartungen von den etablierten Parteien im Stich gelassen wird. Die natürlich unterschiedlich sind, je nach Bildungsniveau und Region, aber gleichermaßen ignoriert werden. Und die ungeheure Demütigung durch die Missachtung des unverfrorenen Präsidenten Iohannis. ... Auch die schlechte Regierungsführung mit enormen wirtschaftlichen Folgen ist ein Grund. Man kann den Leuten nicht vormachen, dass Wohlstand herrscht, wenn es ihnen immer schlechter geht. Rumänien hat eine der höchsten Inflationsraten in der EU, es verschuldet sich rapid, es setzt EU-Gelder aufs Spiel. Im Gegenzug bekommen die Leute Parolen, die weder ihre Taschen noch ihre Bäuche füllen.“
Bei Tiktok ganz vorne
Călin Georgescu verdankt seinen Erfolg den sozialen Medien, argumentiert Transtelex:
„Sein Kampagnenstab hat das visuelle Format von Tiktok hervorragend genutzt. Seine Videos beinhalteten oft kraftvolle nationale Symbole, wie die rumänische Trikolore und Bilder historischer Helden, die seinen Botschaften eine emotionale Kraft verliehen. Das kurze, schwungvolle Format ermöglichte es ihm, seine radikalen Ansichten schnell und knapp zu vermitteln. Die Algorithmen der Plattform bevorzugen virale Inhalte, insbesondere wenn sie starke Emotionen auslösen. Georgescus provokanter Stil und seine scharfen politischen Botschaften entsprachen genau diesem Muster, und seine Videos erreichten Millionen von Zuschauern.“
Radikalismus in gemäßigtem Gewand
Georgescu konnte offenbar Wähler über das Rechtsaußen-Lager hinaus überzeugen, beobachtet Index:
„Georgescu ist vor allem für seine scharfe Anti-Nato-, Anti-EU- und pro-russische Haltung bekannt, während er die faschistische Legionärsbewegung verteidigt, die zwischen den beiden Weltkriegen aktiv war. ... Georgescu wurde jedoch wohl nicht ausschließlich von rechtsextremen Wählern gewählt, und zwar weil er in seiner Kommunikation viel zurückhaltender ist, nicht so schrill wie zum Beispiel [seine ebenfalls weit rechts stehenden Konkurrenten] George Simion oder Diana Șoșoacă. Er schien aufgrund seiner früheren Erfahrung bei der Uno als Führungspersönlichkeit viel glaubwürdiger als sie.“