Paris: Wiedereröffnung von Notre-Dame
Vor fünf Jahren gingen die Bilder vom brennenden Dachstuhl der Kathedrale Notre-Dame um die Welt. Die Brandursache ist bis heute ungeklärt. Am Wochenende wird das Wahrzeichen von Paris wiedereröffnet. In Anwesenheit zahlreicher Staats- und Regierungschefs wird der unter Druck stehende Präsident Emmanuel Macron eine Ansprache halten. Die Presse ordnet das Ereignis ein.
Bewundernswerte Leistung
Trotz der Krisenstimmung in Frankreich sollte man den Wiederaufbau der Kathedrale positiv sehen, ermuntert Le Quotidien:
„Den Schulen fehlen Lehrer, den Krankenhäusern Pflegepersonal und Betten, den Franzosen eine echte Regierung, aber Notre-Dame wird wie ein Phönix aus ihrer Asche wiedergeboren. Los, seien wir nicht verbittert, lasst uns das Glas lieber halb voll als halb leer sehen! Lasst uns daran erfreuen, dass ein solches Bauwerk seine Türen wieder öffnen und Tausende Besucher und Gläubige empfangen kann. Dass sie endlich ihren alten Glanz und ihre Farben zurückerhält: Die Wände sind erneut strahlend hell, die Fenster schillern farbenfroh … Kein Zweifel, der echte Star wird am Samstag sehr wohl Notre-Dame sein. Und all die fleißigen Hände, die dieses Wunder ermöglicht haben!“
Gleichzeitig schreitet der Zerfall Europas voran
Ausgerechnet inmitten der politischen Wirren kommt der künftige US-Präsident Donald Trump zu Besuch für die Eröffnung von Notre-Dame, kommentiert Die Presse:
„Proeuropäische Zentrumsparteien erodieren überall, finden keine Antworten auf den Aufstieg der Neo-Nationalisten. Diese wiederum freuen sich auf Trump. Aber auch ihnen drohen Enttäuschungen. Der künftige US-Präsident wird sie vielleicht nach Mar-a-Lago einladen oder fotogen umarmen, ansonsten dürften sie ihm herzhaft egal sein. Für Trump ist Europa ein bröckelndes Relikt, das er nicht mehr mit US-Geldern vor dem Zusammenbruch bewahren will. Macron wird auch mit seiner Notre-Dame-Party am Samstag den US-Tycoon nicht beeindrucken. Für Trump ist Macron jetzt nur noch ein unbeliebter Präsident eines unregierbaren Landes auf einem schwachen Kontinent.“
Nach dem Brand kam Schlimmes über die Welt
Filmregisseur Olexandr Rodnjanskyj hegt in einem von Echo übernommenen Telegram-Post überaus hohe Erwartungen an die Wiedereröffnung der Kathedrale:
„Ich bin überhaupt kein Freund mystischer Theorien und weit davon entfernt, an jenseitige Kräfte zu glauben, aber ein alter Aberglaube gefällt mir: Er besagt, dass alle irdischen Übel der letzten Jahre – Pandemie, Kriege, politische Erschütterungen und Chaos – mit dem Brand von Notre-Dame zusammenhängen. Dass es diese Kathedrale war, die die Erde vor globalen Problemen bewahrt hat. Wenn dieser Aberglaube wahr ist, dann müssten doch unsere Probleme mit der Wiederherstellung der Kathedrale verschwinden? Aus Mangel an rationalen Zukunftsszenarien beginnt man, an märchenhafte zu glauben.“