Österreich droht EU-Defizitverfahren

Bekommt Wien seine Finanzen nicht in den Griff, drohen Strafen aus Brüssel. Mit einem Defizit von 3,9 und im kommenden Jahr von 4,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verstößt der Haushalt gegen die Maastricht-Kriterien. Diese sehen eine Obergrenze von 3 Prozent vor. Zudem könnte Österreichs Schuldenquote auf über 80 Prozent steigen, diese dürfte jedoch nicht über 60 Prozent liegen. Die Landespresse ist sich uneins, wie die Krise abzuwenden ist.

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Die Presse (AT) /

Niemand will die Troika im Haus

Die Presse warnt vor einem Imageschaden für Österreich:

„Ohne einen glaubwürdigen Reformpfad würde auf Dauer die Bonität leiden, die Finanzierungskosten steigen und die Gefahr einer Schuldenspirale in Gang gesetzt. In Griechenland war es die Troika, in Argentinien die Kettensäge, die das Ruder herumgerissen haben. ... Österreich braucht beides nicht, wenn sich die nächste Regierung ins Zeug legt. Schon relativ geringe Einschnitte bringen Milliarden, ohne das Land in die Massenarmut zu stürzen. … An der Wahrheit führt allerdings kein Weg vorbei: Ein Budget lässt sich nicht sanieren, ohne dass man jemandem etwas wegnimmt. Es ist aber jedenfalls besser, jetzt freiwillig zu reformieren – als damit zu warten, bis die Troika kommt.“

Kurier (AT) /

Nur nicht die Fassung verlieren

Für den Kurier sind die Vorschriften nur ein zahnloser Papiertiger:

„Harte Reformauflagen oder Sanktionen haben die derart 'bedrohten' Staaten nicht zu befürchten: Oder glaubt wirklich jemand, dass das schwer verschuldete Italien sein Defizit verringert, indem es Zig-Strafmilliarden an Brüssel überweist? Oder dass sich Frankreich von der EU vorschreiben lässt, das Pensionsalter zu erhöhen? Der einzige EU-Staat, der jemals die harte Finanzknute Europas zu spüren bekam, war das vor dem Zusammenbruch stehende Griechenland. Für alle anderen Staaten aber ist ein EU-Defizitverfahren eine Art Rahmen, an den es sich zu halten gilt, um nicht den gesamten EU-Finanzmarkt zu gefährden. … Die Kirche sollte also im Dorf gelassen werden, wenn die heimischen Politiker rund um ein potenzielles Defizitverfahren zu hyperventilieren beginnen.“