Spanien reflektiert 50 Jahre Demokratie
Unter dem Motto "Spanien in Freiheit – 50 Jahre" gedenkt das Land in diesem Jahr dem Übergang von der Diktatur zur Demokratie nach dem Tod des Generals Francisco Franco im November 1975. Premier Pedro Sánchez eröffnete am Mittwoch ein mehrmonatiges Veranstaltungsprogramm. Über dessen Inhalte wird es noch Streit geben, wie ein Blick in die Kommentarspalten erahnen lässt.
Der Rückblick sollte vereinen, nicht wieder trennen
El País wünscht sich Einigkeit:
„Die Tatsache, dass 50 Jahre nach dem Tod des Diktators ein gemeinsames Gedenken unmöglich ist, zeigt die Blindheit gegenüber der Gefahr eines Rückfalls in den Autoritarismus, die die heutigen Gesellschaften bedroht. ... Gerade heute, wo einige es wagen, dieses despotische Regime zu rechtfertigen, ist die Erinnerung daran, welch hohen Preis die spanische Gesellschaft für die krassen Ungleichheiten [der Diktatur] bezahlt hat, nötiger denn je. Die daraus resultierende tiefe Ungerechtigkeit ist das, was die Demokratie vor einem halben Jahrhundert nach und nach umkehren musste. Weil dies mit Erfolg gelang, kann man ohne Zorn zurückschauen und sich der Zukunft zuwenden. ... Diese Leistung gebührt uns allen – und dass wir das nicht gemeinsam feiern können, ist ein Versäumnis.“
Ein blasses Abbild der damaligen Träume
Mit einer gewissen Nüchternheit schaut El Periódico auf die Entwicklungen:
„Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit Franco im Bett starb, und seitdem hat sich dieses Land tiefgreifend verändert. Gleichzeitig sind viele der Meinung, dass die heutige Demokratie nur ein blasses Abbild jener Demokratie ist, von der man träumte, als der General physisch verschwand. ... Manche meinen auch, dass das offizielle Gedenken nicht wegen der Wahrung des historischen Gedächtnisses, sondern als politische Strategie der Gegenwart organisiert wird. ... Es ist jedenfalls übertrieben zu sagen, dass Spanien 1975 die Freiheit erlangt hat. ... Die Demokratie ist vor 50 Jahren nicht wie eine erlösende Gotteserscheinung über uns gekommen.“
Besonders langsam bei der Aufarbeitung
Mehr Mittel für Vergangenheitsbewältigung fordert eldiario.es:
„Es ist höchst löblich, dass die Regierung 50 Jahre nach dem Tod des Führers eines zutiefst korrupten Regimes Veranstaltungen plant, um der neuen Generationen die Tyrannei verständlich zu machen. ... Das Programm ist zwar noch nicht klar, aber es reicht schon aus, um einen Teil der ewiggestrigen Rechten aufschreien zu lassen. ... Das Besondere am spanischen Fall: die Langsamkeit, mit der die Vergangenheit an die neuen Generationen vermittelt wird, die geringen Mittel für den Schulunterricht und die zweideutige Haltung angesichts der Verzerrungen der Vergangenheit in den sozialen Medien, meist durch die Rechten.“