Oscar-Verleihung: Kino-Kult in einer unsteten Welt
In Los Angeles sind zum 97. Mal die Academy Awards – so der offizielle Name für den Oscar – für die besten Filme und Filmschaffenden aus der Perspektive Hollywoods verliehen worden. Europas Presse hat die Zeremonie beobachtet und kommentiert die Atmosphäre wie auch konkrete Gewinner – zu denen ein rührender Trickfilm aus Lettland gehört.
Die Angst vor Trump geht um
Bei den Oscars ging es 2025 vergleichsweise unpolitisch zu, meint The Guardian - und hat eine Erklärung:
„Wo bleibt der Widerspruch [gegen Trump]? Warum schreit niemand auf? ... Die Erklärung dafür ist, dass die Menschen in Hollywood so wie anderswo Angst haben - nicht nur, weil Trump kleinlich und rachsüchtig ist, sondern auch, weil die enorme globale Unsicherheit, in der wir uns so plötzlich wiederfinden, wohlüberlegtes Schweigen vernünftiger erscheinen lässt als große Reden. Wo das in Kapitulation umschlägt, und ob Hollywood uns so wie die Technologie- und Medienbranche eine zeitgemäße Version von Leni Riefenstahl bescheren wird, bleibt abzuwarten.“
Hollywood beklatscht eigene Haltung
Tygodnik Powszechny kritisiert hingegen den sozialen Touch der Zeremonie:
„Kein Wunder, dass auf der diesjährigen Verleihung der begehrtesten Preise der Kinobranche mit so viel Argwohn und Vorfreude das Beziehen von 'Haltung' verfolgt wurde. Jede Erwähnung der Welt jenseits des roten Teppichs, seien es die tapferen kalifornischen Feuerwehrleute, die übrigens auf der Bühne anwesend waren, jemandes Migrationshintergrund oder die Erwähnung der anonymen Filmschaffenden hinter jeder Filmproduktion, wurde mit tosendem Applaus bedacht. Das erschien wie ein Feigenblatt auf dieser Nackt-Party, auf der Hollywood wie immer seinen eigenen Glanz feierte, vor allem den vergangenen.“
Glauben an eine bessere Zukunft
Der lettische Regisseur Gints Zilbalodis hat den Oscar für den besten Animationsfilm gewonnen. "Flow" lässt sich gut in den geopolitischen Kontext einordnen, meint der Filmkritiker Kaspar Viilup in ERR Online:
„In einer Zeit, in der selbst die Hoffnungsvollsten die Hoffnung zu verlieren beginnen, müssen wir uns an jeden Strohhalm klammern ... Lassen Sie uns die Dummheit besiegen und den Glauben an eine bessere Zukunft wiederherstellen, denn wenn die Letten einen Oscar gewinnen, dann ist alles möglich. ... Erinnern wir uns kurz daran, was in 'Flow' geschah: Die Tiere mussten zusammenhalten, weil die Menschen verschwunden waren. Die im Film gezeigte Welt war unserer eigenen unheimlich ähnlich, doch eine große, unerklärliche Katastrophe hat alles auf den Kopf gestellt.“
Ein Film als Hoffnungsschimmer für Nahost
Politiken freut sich über die Würdigung des palästinensisch-israelischen Streifens "No Other Land" als bester Dokumentarfilm:
„Er wurde – trotz aller wachsenden Gräben – von israelischen wie auch von palästinensischen Regisseuren geschaffen... Es gibt einen anderen Weg als Krieg, und dieser Weg führt über Zusammenarbeit wie jene, die 'No Other Land' hervorgebracht hat. Eine der Tragödien des Konflikts besteht darin, dass Israelis und Palästinenser einander immer schlechter kennen. ... Trotz seiner schrecklichen Bilder lässt 'No Other Land' mit seiner Entstehung den Blick in eine Zukunft erahnen, in der Israelis und Palästinenser gemeinsam kämpfen – gegen Unrecht und für eine Welt, in der beide Völker frei sind.“