Wie soll Portugal mit der Einwanderung umgehen?

Knapp einen Monat vor den vorgezogenen Parlamentswahlen am 18. Mai hat die konservative portugiesische Minderheitsregierung neue Zahlen zum deutlichen Anstieg der Immigration präsentiert. Demnach sollen die Einwanderer nun rund 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Kommentatoren raten dazu, das Thema nicht unreflektiert zu instrumentalisieren.

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Público (PT) /

Kein nationales Phänomen

Público warnt davor, die nationalen Zahlen unreflektiert und zusammenhangslos zu kommunizieren:

„Da die Einwanderung überall in der reichen Welt zunimmt, kann man davon ausgehen, dass sie auch in Portugal und anderen Ländern zugenommen hat. ... Das bedeutet nicht, dass Einwanderung kein Problem ist. Einwanderung ist eine ernste politische Herausforderung. Aber erstens besteht sie, seit es die Welt gibt. Zweitens ergibt es keinen Sinn zu behaupten, dass wir ein Sonderfall sind. Und drittens macht es noch weniger Sinn, den globalen Trend zu ignorieren.“

Jornal de Notícias (PT) /

Gut, dass unser Land noch attraktiv ist

Ohne Einwanderer hätte Portugal ein echtes Problem, erinnert Jornal de Notícias:

„Die extreme Rechte lässt keine Gelegenheit aus, die ausländische Bevölkerung mit mehr oder weniger absurden Argumenten mit Phänomenen wie der Kriminalität in Verbindung zu bringen. ... So war es auch, als wir Anfang der Woche erfuhren, dass 1,6 Millionen Einwanderer im Land leben. ... Diese überraschend hohe Zahl in Verbindung mit der Tatsache, dass es praktisch keine Arbeitslosigkeit gibt, bedeutet, dass das Land ohne Einwanderer nicht nur nicht wachsen kann, sondern sogar noch mehr braucht. Es wäre dramatisch, wenn Portugal plötzlich unattraktiv für ausländische Arbeitskräfte würde, denn das wird nur passieren, wenn die Arbeitslosigkeit steigt oder die Wirtschaft ins Stocken gerät.“

Eco - Economia Online (PT) /

Billige Arbeitskräfte werden verheizt

Wer Menschen ins Land lockt, muss auch für würdige Bedingungen sorgen, meint Eco:

„Die Einwanderer sind 'Kanonenfutter' für unsere Wirtschaft gewesen und niemand kümmerte sich wirklich darum, unter welchen Bedingungen sie kamen oder ob sie ohne Papiere blieben. Was zählte, war, dass sie für Arbeiten eingesetzt wurden, die die Portugiesen nicht machen wollten. Außerdem halfen sie bei der Finanzierung des Rentensystems. ... Die Einwanderung in diesem Ausmaß und in dieser Zeit ist ein brutaler sozialer Schock. ... Es ist weder seriös noch würdevoll, alle Einwanderer nur zu unserem wirtschaftlichen Vorteil aufzunehmen, um unser Sozialsystem zu finanzieren, wenn wir keinen Staat haben, der bereit ist, sie aufzunehmen.“