Duda wird neuer Präsident Polens
Mit dem Sieg Andrzej Dudas bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag steht nach fünf Jahren wieder ein Politiker der nationalkonservativen PiS an der Spitze Polens. Einige Kommentatoren glauben, Amtsinhaber Bronisław Komorowski ist an seiner Arroganz gescheitert. Für andere verdankt Duda seinen Sieg vor allem der polnischen Jugend.
Der Denkzettel der unzufriedenen Jugend
Von den Wählern unter 30 haben laut Nachwahlbefragungen sechzig Prozent für Andrzej Duda gestimmt. Die Unzufriedenheit der jungen Generation in Polen ist groß, analysiert die liberal-konservative Neue Zürcher Zeitung: "Unter der glatten Oberfläche des 'Musterschülers' Polen, der ohne Rezession durch die europäischen wirtschaftlichen Turbulenzen der letzten Jahre gekommen ist, gärt es. Die Jungen leiden besonders: Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, und die Stellen sind schlechter geschützt und bezahlt als jene der älteren Arbeitnehmer. ... Bürokratische Hindernisse und ein fehlendes Vertrauen in den Staat tragen dazu bei, dass in den letzten zehn Jahren fast 2,5 Millionen primär junge, gut ausgebildete Polen nach Westeuropa ausgewandert sind. Gelingt es Andrzej Duda und der PiS, Polen zu erneuern und somit auch der Jugend eine bessere Perspektive zu bieten, wäre dies für das Land ohne Zweifel positiv. Allerdings ist zu befürchten, dass der jugendliche Glanz bald wieder durch die rückwärtsgewandte Ideologie der PiS zugedeckt wird."
Komorowski scheitert an Überheblichkeit
Die Niederlage hat sich Amtsinhaber Bronisław Komorowski mit seiner Arroganz gegenüber den Wählern selbst zuzuschreiben, analysiert das katholische Portal Gość Niedzielny: "Viele Kommentatoren fragen sich, wie es möglich war, dass ein vernünftiger und berechenbarer Politiker die Wahl verlieren konnte, der noch vor einem halben Jahr über einen so großen Vertrauensvorschuss der Gesellschaft verfügt hat. Er hat verloren, weil er den Wählern erzählte, im Falle seiner Wahlniederlage kehre das Mittelalter zurück. Damit hat er eine ganze Gruppe von Wählern diskreditiert. Komorowski führte eine Negativ-Kampagne gegen den schwächeren Gegner und stützte sich dabei auf die staatlichen Institutionen und den Großteil der Medien. Die Botschaft der Wähler hat er auch nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses nicht verstanden. Dabei ist ein Präsidentenwechsel in einer Demokratie etwas ganz Natürliches."
Wahl Dudas ist schlechte Nachricht für die EU
Entsetzt äußert sich die liberale Tageszeitung Dennik N über den Wahlausgang in Polen: "Die Wahl von Andrzej Duda ist eine schlechte Nachricht für die EU, unsere Region und auch für Polen selbst. Wenn Duda ein treuer Gefolgsmann seines Parteichefs Kaczyński bleibt, könnte das der Beginn von tiefgehenden und unschönen Veränderungen sein. ... Duda verkörpert jenen Teil der polnischen Gesellschaft, der neonazistischen Fußballfans und ultrakatholischen Bewegungen nahe steht. ... Ein noch gravierenderes Problem könnten seine Auffassungen zur europäischen Integration, zur gemeinsamen Sicherheit und zu Russland werden. Die sind teilweise noch radikaler als die seines Ziehvaters Jarosław Kaczyński. ... Dass bei den Parlamentswahlen womöglich noch der Rocker Pavel Kukiz gewinnt, sind wahrlich düstere Aussichten. Damit entstünde nördlich der Tatra ein Land mit einer Mentalität nach dem Vorbild Viktor Orbáns, nur viermal größer, reicher und unvergleichlich ambitiöser. Das kann heiter werden."
Ein neuer Verbündeter für Großbritannien
Großbritannien sollte es nutzen, dass auch Andrzej Duda die Entwicklung der EU skeptisch sieht, analysiert die konservative Tageszeitung The Times: "Duda hat bereits sein Misstrauen gegenüber einer EU geäußert, die eine 'immer stärker integrierte Union' werde. Er betont, wie wichtig es sei, Macht für die Nationalstaaten zurückzugewinnen. Und er spricht sich klar gegen 'Tendenzen zur Schaffung einer Hierarchie innerhalb der EU' aus, wie er es nennt. ... All diese Anliegen sollten von Großbritannien unterstützt werden. Es kann eine gemeinsame Sprache mit einem Polen gefunden werden, das besorgt ist wegen der Abwanderung seiner jungen Menschen, wegen des Verlusts hochqualifizierter Arbeitskräfte, wegen der Entvölkerung der ländlichen Regionen und der Belastung, die die zurückgebliebenen Familien erleben, wenn die Ernährer nach Großbritannien gehen."