EU will 55.000 Flüchtlinge verteilen
Die EU-Staaten haben zugesagt, freiwillig 55.000 Flüchtlinge aufzunehmen, die sich derzeit in Italien und Griechenland aufhalten. Die EU-Kommission hatte ursprünglich verbindliche Quoten für die Umsiedelung von 60.000 Menschen vorgeschlagen. Die europäische Presse diskutiert darüber, wie diese Flüchtlinge in den einzelnen Ländern integriert werden können.
Integration beginnt im Stadtteil
In Italien hat es am Wochenende gewalttätige Proteste gegen die Unterbringung von Flüchtlingen gegeben, mehrere Menschen wurden dabei verletzt. Wie Integration mit Hilfe des amerikanischen Modells des Community Building gelingen kann, erklärt Giovanna Zincone, Vorsitzende des Forum of International and European Research on Migration, in der liberalen Tageszeitung La Stampa: "Die Bedeutung der lokalen Realitäten wird immer offenkundiger. Sie sind der Prüfstein politischer Strategien. Was zählt sind Mikrostrategien der Integration, ein Einschreiten auf der Ebene auch einzelner Stadtviertel. ... Wo möglich, sollte man die Strategie des Community Building verfolgen und eine Gemeinschaft mit positiven Zielsetzungen aufbauen. ... Verzweifelte und aufgebrachte Stadtviertel in Gemeinschaften zu verwandeln ist dann ein Puzzleteil einer weitaus größeren Aufgabe: nicht nur und vor allem die Flüchtlinge zu integrieren, sondern alle Italiener."
Kommunen auf Flüchtlinge vorbereiten
In Estland haben Sozial- und Innenminister am Dienstag mehrere Städte und Gemeinden besucht und erläutert, wie die Aufnahme von 150 Flüchtlingen ablaufen soll, die Estland unterzubringen bereit ist. Die liberale Tageszeitung Postimees findet dies einen guten ersten Schritt: "Nun, da die Zahl der Flüchtlinge klar ist, sollte man der Panik ein Ende setzen und mit nüchternem Verstand einsehen, dass diese Zahl in einem Land mit 1,3 Millionen Einwohnern zu verkraften ist. Eigentlich sogar unbemerkbar, wie ein Tropfen im Meer. Jährlich kommt ein Vielfaches mehr an Migranten aus dem Ausland nach Estland, ohne dass es zu Ausschreitungen gekommen wäre. Informationsmangel nährt Schwarzmalerei. Daher sind die Treffen der Regierungsmitglieder mit den Vertretern der lokalen Selbstverwaltungen vernünftig, die für das Einleben der Flüchtlingsfamilien zuständig sein werden.“
Muslimische Migranten können Gefahr sein
In der Flüchtlingsdiskussion in Polen sind immer wieder Stimmen zu vernehmen, die fordern, nur christliche Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Überlegungen kann Jacek Tabisz nachvollziehen. Der Vorsitzende der humanistischen polnischen Vereinigung PSR schreibt auf seinem Blog beim liberalen Portal naTemat: "Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich [Premierministerin] Ewa Kopacz gemeinsam mit ihrer Regierung entschlossen hat, Migranten aufzunehmen. Denn dies ist ein gemeinsames Problem der EU, und es kann nicht sein, dass nur Italien und Griechenland die alleinige Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afrika übernehmen. ... Doch so einfach ist es dann auch nicht. Es gab schon einige beunruhigende Zwischenfälle. So haben muslimische Migranten ihre christlichen Kollegen ermordet, indem sie sie ins Meer geworfen haben. Dieser Fall ist bekannt, möglicherweise gab es noch weitere. Vielleicht befindet sich ja unter den Flüchtlingen, die Polen aufnimmt, auch ein solcher Henker."
Staatliche Hetz-Propaganda gebiert Gewalt
Vor dem Hintergrund der Plakatkampagne der ungarischen Regierung gegen Flüchtlinge macht der Publizist Péter Erdélyi auf dem Nachrichtenportal 444 auf eine Harvard-Studie aufmerksam, die einen Zusammenhang zwischen staatlicher Propaganda und dem ruandischen Völkermord 1994 herstellt: "In der Studie wurde untersucht, wie gut der radikale Rundfunksender RTLM in einzelnen ruandischen Dörfern empfangen werden konnte und wie viele Menschen in dieser Region später im Verdacht des Völkermordes standen. ... Die Untersuchung ergab, dass der Hass schürende Radiosender die Gewalttaten nachweislich um 12 bis 13 Prozent steigerte. ... Insgesamt nahmen rund 51.000 Menschen allein wegen des Rundfunksenders am Morden teil. Hätte es keine Propaganda gegen die Tutsis gegeben, hätten sie wohl nicht gemordet."