Putins Presse-Show im Kreml
Wladimir Putin hat auf seiner Jahrespressekonferenz am Donnerstag erneut die Türkei scharf kritisiert. Den Militäreinsatz in Syrien will er fortsetzen. Russlands Präsident hielt sich angesichts seiner wirtschaftlichen Interessen zurück, glauben einige Kommentatoren. Andere haben zu den Konflikten in Nahost und der Ukraine lediglich konzeptloses Gerede vernommen.
Umgängliche Töne aus Moskau
Einen neuen und versöhnlicheren Kurs Putins gegenüber dem Westen hat die konservative Tageszeitung La Vanguardia bei der Jahrespressekonferenz in Moskau ausgemacht: "Präsident Putin hat eindeutig einen anderen Ton angeschlagen als vor einem Jahr, als er überzeugt schien, jegliches Risiko auf sich zu nehmen, um seine Positionen durchzusetzen. Ohne sein Ziel aufzugeben, den Status der Weltmacht zurückzuerlangen, wird deutlich, dass Russland gerade an einem Wendepunkt angekommen ist. Putins Vorhaben, den russischen Einfluss in Asien durch das Abkommen mit China und Afrika auszubauen, kollidiert mit den politischen und wirtschaftlichen Interessen der westlichen Länder, die ihn dazu zwingen, Spannungen abzubauen und Kompromisse zu suchen. Insbesondere in Bezug auf die Zukunft Syriens sehen sich beide Seiten zur Kooperation gezwungen. Daher auch der freundliche Umgang während des jüngsten Besuchs des US-Unterhändlers [Kerry]."
Konzeptloser Kremlchef schreit nur rum
Russlands Präsident wirkte auf seiner Pressekonferenz völlig konzeptlos, findet die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita: "Es war nicht zu erkennen, ob er irgendeine Idee hat, wie die Auseinandersetzungen in Syrien politisch beendet werden könnten. Eigentlich hat er nur die US-amerikanischen Vorschläge abgelehnt. Zudem hat er auch keinen Plan, wie er die Konflikte in der Türkei und in der Ukraine lösen soll. Vielleicht hat er davon auch schon Abstand genommen, weil er weiß, dass er beide schon verloren hat. Wenn er sich genauer dazu äußern würde, müsste er das ja zugeben. Solange die Krisen dort andauern, kann er zumindest noch immer so tun, als ob er der große siegreiche Politiker wäre, der über das Schicksal der Welt entscheidet. Deswegen hat er nur rumgeschrien, beleidigt und gedroht."
Geringer Ölpreis ist Russlands große Schwäche
Putin hat auf seiner Jahrespressekonferenz den Kraftvollen gemimt, um die Schwäche seines Landes zu überdecken, meint die konservative Tageszeitung Die Welt: "Der Ölpreis, die entscheidende Einnahmequelle des Staates, nähert sich mit 36 Dollar je Barrel gefährlich dem Stand, den Moskau während des Zusammenbruchs der Sowjetunion ertragen musste. Ob er im kommenden Jahr auf 50 Dollar steigen wird, wie der Präsident hofft, ist offen. Zu Wahlgeschenken kaum fähig, setzt Putin auf die Außenpolitik. ... Diese Schwäche beunruhigt. Sie könnte die Russen zu Tollkühnheiten verleiten, die am Ende allen Beteiligten leidtun werden. Was folgt daraus für den Westen? Abschreckung und Entspannung! Er muss auf alles gefasst sein, darf sich nicht verängstigen lassen und soll gleichzeitig alle Türen offen halten, um jederzeit Gespräche führen zu können. Putin muss wissen, dass er es mit einem selbstbewussten, aber entspannungsbereiten Gegenüber zu tun hat."
Putins Vorliebe für Verrückte
Auf seiner Pressekonferenz zeigte sich die Vorliebe des russischen Präsidenten für Menschen, die im Westen einen zweifelhaften Ruf genießen, stellt die konservative Tageszeitung Večernji list fest: "Putin gab uns einen Einblick in seine Welt, in der Fifa-Chef Sepp Blatter statt strafrechtlicher Ermittlungen den Friedensnobelpreis verdient hätte. In Putins Welt ist auch Donald Trump kein Verrückter, wie ihn offen sogar die deutsche [Wochenzeitung] Zeit nennt, sondern ein talentierter, brillanter Mensch, der absolute Leader des US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfes. Neben Putin in Russland hat die Welt gerade noch auf ebenso einen an der Spitze der Vereinigten Staaten von Amerika gewartet!"