Xi Jinping besucht Tschechien
Begleitet von Protesten tschechischer Menschenrechtsaktivisten hat der chinesische Präsident Xi Jinping am Montag seinen Staatsbesuch in Prag begonnen. In der Vorwoche hatte Bundespräsident Joachim Gauck ihn in Peking getroffen. Die Presse bewertet den Umgang europäischer Politiker und Aktivisten mit dem chinesischen Staatsoberhaupt.
Osteuropa biedert sich Moskau und Peking an
Einen kritischen Blick auf das Verhältnis Tschechiens, der Slowakei und Ungarns zu China und Russland wirft die liberale Tageszeitung Dennik N zum Abschluss des Prag-Besuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping:
„Russland arbeitet aktiv an der Schwächung der westlichen Demokratien, sorgt dafür, dass der Flüchtlingsstrom nach Europa nicht abreißt, finanziert Extremisten, schürt Misstrauen in den Rechtsstaat und die freien Medien. ... China ist auch nicht nur neutraler Beobachter, nutzt seine wirtschaftlichen Mittel, verfolgt aber ähnliche Ziele. ... Dass sich Tschechien, die Slowakei und Ungarn vor Peking und Moskau verneigen, ist nicht nur peinlich, es lässt auch an der außenpolitischen Orientierung dieser Länder zweifeln. Es bringt auch längst nicht die wirtschaftlichen Vorteile, wie die Politik behauptet. Es ist kein Wunder, dass die Verbündeten Chinas und Russlands genau diejenigen sind, die am meisten gegen Flüchtlinge wettern und Nationalismus anheizen.“
Proteste gegen Chinapolitik Prags abwegig
Präsident Miloš Zeman sprach beim Besuch von Xi Jinping von einem Neubeginn und erhofft sich chinesische Milliardeninvestitionen. Tschechische Menschenrechtsaktivisten protestierten jedoch gegen den chinesischen Staatschef. Die linke Tageszeitung Právo macht sich über den Protest lustig:
„Unseren Aktivisten, die Zeman wegen der verstärkten Kontakte zu China kritisieren und chinesische Fahnen schänden, mangelt es an Konsequenz. Wo waren sie, als der chinesische Präsident mit der britischen Königin in einer goldenen Kutsche durch London fuhr? Oder als er mit allen Ehren im Weißen Haus empfangen wurde? Xi hatte in Amerika eine Reihe von Verhandlungen mit führenden US-Unternehmern, besuchte unter anderem den Firmensitz von Microsoft. Unsere intellektuelle Elite hisste keine tibetische Flagge, als Boeing einen Kontrakt über den Verkauf von 300 modernsten Flugzeugen nach China unterschrieb. Damals gab es vor der US-Botschaft in Prag keine Demonstrationen.“
Worte werden China nicht verändern
Das "Verlangen nach Freiheit bricht sich immer wieder Bahn", sagte Gauck in seiner Rede am Mittwoch. Doch seine Worte werden nichts bewirken, meint die linksliberale Frankfurter Rundschau:
„Die Worte des Pastors aus der DDR klangen wie eine Warnung in Richtung der kommunistischen Führung in Peking. So viel Engagement hat schon lange kein Politiker mehr im Umgang mit China gezeigt. ... Das alles ändert [aber] nichts daran, dass auch Gaucks Engagement folgenlos bleiben wird. Für die chinesische Führung ist die Meinung des Auslands kaum wichtig. Die zweitgrößte Volkswirtschaft, das bevölkerungsreichste Land der Welt, eine Atom-, Finanz-, See- und Weltmacht lässt sich nichts mehr sagen. Was für die KP-Spitze zählt, ist die Stimmung im Volk - und dort ist, entgegen Gaucks Vorhersagen, keine Unruhe zu merken.“
Findet Gauck Nachahmer in Prag?
Chinas Präsident Xi Jinping reist am kommenden Montag zum Staatsbesuch nach Tschechien. Die wirtschaftsliberale Tageszeitung Hospodářské noviny fragt, ob die Prager Führung dem Gast gegenüber ähnlich mutig agieren wird, wie der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem China-Besuch:
„Die Vertreter des chinesischen Regimes sind daran gewöhnt, dass man ihnen bei Besuchen in der Hoffnung auf gute wirtschaftliche Zusammenarbeit schmeichelt. Umso überraschter waren sie, dass Gauck ganz anders auftrat. Er stellte die Frage, inwieweit der Anspruch der Kommunistischen Partei auf das Machtmonopol mit den Grundlagen eines Rechtsstaats konform gehe. Er interessierte sich für die Rechte der Arbeiter und der Gewerkschaften. Und er legte den Schwerpunkt auf den Schutz der Menschenrechte und sprach dabei konkrete Fälle an. Am Montag nun kommt Xi Jinping nach Prag. Man darf gespannt sein, ob sich hier jemand findet, der es Gauck wenigstens ein bisschen gleichtut.“