Tsipras will armen Rentnern Weihnachtsgeld zahlen
Das griechische Parlament stimmt am heutigen Donnerstag über ein Weihnachtsgeld für arme Rentner ab. Premier Alexis Tsipras will etwa 1,6 Millionen älteren Menschen, die monatlich weniger als 850 Euro erhalten, eine dreizehnte Rente zahlen. Hierfür sollen 617 Millionen Euro aus dem Primärüberschuss verwendet werden. Eine wichtige Hilfe für die Schwächsten oder der Auftakt zum nächsten Wahlkampf?
Alles schon Wahlkampf?
Als Reaktion auf Tsipras' Pläne haben die Euro-Geldgeber am Mittwoch entschieden, die bereits beschlossenen Schuldenerleichterungen vorerst auszusetzen. Der griechische Premier steuert auf die nächste Kraftprobe mit den Gläubigern zu, prophezeit Il Sole 24 Ore:
„Die Situation hat sich plötzlich erneut zugespitzt, als Alexis Tsipras entschied, die Geldbörse ein wenig zu öffnen - und das in einem Moment, in dem er stark an Popularität bei den Wählern eingebüßt und seine engsten Verbündeten für den Anti-Sparkurs verloren hat: mit dem Rücktritt Matteo Renzis, dem Verzicht von François Hollande auf eine erneute Kandidatur und dem Ende der Amtszeit von Barack Obama. ... Die Gläubiger, die nicht damit gerechnet hatten, sind vor den Kopf gestoßen und die Falken aus Nordeuropa haben eine harte Antwort versprochen. Die Griechen sehen in den expansiven Maßnahmen eine politische Verzweiflungstat. Es gilt, die Zustimmung für Syriza (die in den Umfragen gegenüber der liberal-konservativen Partei Nea Dimokratia sinkt) wieder zu beleben. Denn Beobachter halten es für immer wahrscheinlicher, dass Tsipras das Land erneut zu vorgezogenen Wahlen ruft.“
Opposition darf Griechen nicht weiter verraten
Jetzt kann die Opposition zeigen, ob sie an der Seite der Bürger steht oder vor den Kreditgebern kuscht, erklärt die regierungsnahe Tageszeitung Avgi:
„Wird sie gegen eine Maßnahme stimmen, die anderthalb Millionen Bürgern eine vorübergehende finanzielle Atempause ermöglicht? Oder wird sie sich zurückziehen, die Regierung anprangern und dadurch einige extreme Kreise unterstützen, die meinen, dass Griechenland ihre Kolonie ist und nicht über die geringste Sache alleine entscheiden kann? Wenn die EU-Kommission Athen nicht denunziert, sondern von der Taktik der Hardliner in Berlin Abstand nimmt, und wenn der zuständige Kommissar sagt, dass die griechische Regierung keine Regel verletzt, dann braucht eine Partei in Griechenland sehr viel politische Frechheit, das Recht der gewählten Regierung in Frage zu stellen. Die konservative Nea Demokratia hat mit ihrer Haltung in all diesen Jahren der Sparpolitik das Signal gesendet, dass sie die Interessen der Kreditgeber vor die der Bürger stellt.“
Athen kann sich Ungehorsam erlauben
Bis zur Wahl in Frankreich im Frühjahr verfügt Tsipras über neuen Spielraum, glaubt Blogger Pitsirikos:
„Ein möglicher Sieg von Marine Le Pen in Frankreich würde den Weg ebnen für ein Referendum über den Austritt Frankreichs aus der Eurozone. Angela Merkel - die sich gerade auch auf eine Wahl vorbereitet - kann auf Tsipras keinen Druck ausüben. … Ab sofort bis April kann er frech und ungehorsam sein. Und er weiß es. Kann sein, dass Tsipras ein politischer Betrüger ist, aber er ist nicht dumm. Er wird versuchen, das Vakuum zu nutzen, das durch die verschiedenen Wahlen in Europa geschaffen wird. Schon jetzt bereitet sich die Regierung darauf vor, finanzielle Unterstützung für andere gefährdete soziale Gruppen anzukündigen. Tsipras wird die Tatsache nutzen, dass die deutsche Regierung für ein paar Monate nicht reagieren kann. Er wird eine bestimmte Linie verfolgen, mit Neuwahlen im Blick. Und er hat dabei den Vorteil, dass er den richtigen Zeitpunkt für die Wahlen bestimmen kann.“
Schäuble hat es eh gewusst
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht sich jetzt sicher bestätigt, vermutet das Webportal Marketfair:
„Beim letzten Treffen der Eurogruppe sagten Schäubles Kollegen, dass die Maßnahmen hart seien und gelockert werden sollten, da Tsipras nun den richtigen Weg des Sparkurses eingeschlagen habe. Schäuble bestand darauf, dass die griechische Regierung alte Fehler wiederholen werde, sobald man ihr auch nur ein bisschen Spielraum gebe. … Nun feiert er, denn er sieht Tsipras' Ankündigung als die volle Bestätigung dafür, dass eine Lockerung der Maßnahmen nicht in Erwägung zu ziehen ist. Wenn die Kreditgeber nicht auf Tsipras' Erpressung eingehen, was am wahrscheinlichsten scheint, wird er keine andere Wahl haben, als Neuwahlen anzukündigen. … Kommt es dazu, wird er höchstwahrscheinlich neue Vorteile für verschiedene Gesellschaftsgruppen versprechen, denn diesmal wird er kaum aufgefordert werden, sie zu erfüllen.“