EU-Kommission lässt Börsenfusion platzen
Die EU-Kommission hat die Fusion der Börsen in Frankfurt und London untersagt. Sie wolle verhindern, dass für bestimmte Finanzprodukte der freie Wettbewerb durch die neue Superbörse erheblich eingeschränkt wird. Tatsächlich steckt wohl noch etwas anderes hinter der Entscheidung, bemerken Kommentatoren und zeigen sich skeptisch, ob die Kommission auf die Marktmacht der Börsen adäquat reagiert.
Brexit fordert erstes Opfer
Der Begründung der EU-Kommission für ihr Veto glaubt Il Sole 24 Ore nicht:
„Kaum war der Londoner Abschiedsbrief in Brüssel eingetroffen, da ließ die EU-Kommission die Fusionspläne zwischen der Deutschen Börse und London Stock Exchange platzen. Eine kuriose Koinzidenz. Die Weigerung der LSE, die italienische Anleihen-Handelsplattform MTS zu veräußern, war ein willkommener Grund, die Fusion abzublasen. Doch in Wahrheit stand das Fusionsprojekt seit der britischen Brexit-Abstimmung im Juni 2016 auf der Kippe. Kurzfristig können sich die Politiker nun rühmen, dass die Börse in Frankfurt bleibt, statt nach London zu ziehen, wie es die Fusion vorsah. Langfristig aber werden alle Schaden daran nehmen. Auch die Kapitalmarktunion, die Europa dringend benötigt, um den Abstand zum US-Markt zu verringern. Denn sie kommt ohne die City [in London] einbeinig zur Welt.“
Börsen sollten dem Staat gehören
Obwohl die EU-Kommission der Geschäftstätigkeit der beiden Börsen Grenzen aufgezeigt hat, ist die taz unzufrieden:
„Wettbewerb gab es zwischen den Börsen auch bisher nur höchst eingeschränkt. Tatsächlich hätten sich zwei Monopolisten zusammengetan - und gemeinsam ihr Gebiet erweitert. Börsen sind seltsame Unternehmen. Sie sind keine Betriebe wie etwa eine Autofabrik, die sich in der Konkurrenz bewähren und um jeden Käufer kämpfen müssen. Große Börsen müssen ihre Kunden nicht suchen - die Kunden kommen automatisch zu ihnen. ... Große Börsen besitzen also eine Art Monopol, was sich auch in ihren Gewinnen spiegelt. ... In der ökonomischen Theorie ist längst geklärt, wie mit Monopolen zu verfahren ist, die sich nicht abschaffen lassen, weil dieses Modell nun mal am besten funktioniert: Diese Betriebe sollten dem Staat gehören, damit die Monopolgewinne dem Gemeinwesen zugutekommen. Reines Kartellrecht, wie es jetzt die EU-Kommission anwendet, reicht jedenfalls nicht.“