Deutschland beschließt "Ehe für alle"
Mit den Stimmen der Sozialdemokraten und der Opposition hat der Deutsche Bundestag am heutigen Freitag die gleichgeschlechtliche Ehe beschlossen. Für die Abstimmung hatte Bundeskanzlerin Merkel den Fraktionszwang für die Abgeordneten ihrer Partei aufgehoben. Was nun weitere Schritte sein könnten, zeigt der Blick nach Frankreich.
Die nächste Etappe langsam angehen
Als weiteres Thema für die Debatte um die Gleichbereichtigung homosexueller Paare erkennt Le Monde die künstliche Befruchtung:
„Eine symbolische Etappe in der Gesetzgebung war erreicht, als die Homo-Ehe im Mai 2013 legalisiert wurde und gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht auf Adoption gewährt wurde. Die Forderung nach Zugang zur künstlichen Befruchtung für homosexuelle Frauen ist eine Erweiterung dieses Rechts. Die Studien, die zu diesem Thema angefertigt wurden, zeigen: Kinder, die in Familien mit Homo-Eltern aufwachsen, haben keine spezifischen Probleme, wenn man sie mit Kindern aus heterosexuellen Familien vergleicht. ... Die vorgeschlagene Weiterentwicklung ist jedoch durchaus eine 'anthropologische Neuheit' und man muss dabei die Konsequenzen abwägen - besonders für das Kind.“
Weniger Norm, mehr Normalität
Die Ehe für alle könnte den längst fälligen Paradigmenwechsel in der Familienpolitik beschleunigen, hofft der Tagesspiegel:
„Der Staat maßt sich an zu entscheiden, welche Lebensmodelle wünschenswert sind und welche nicht, er fördert Modelle, die ihm passen, steuerlich und mit Sozialleistungen. Das ist nicht grundsätzlich falsch, doch die Gründe müssen sehr gute sein. Die Privilegien für Mann-Frau-Ehepaare allerdings sind ideologisch begründet. ... Es war überfällig, dass die Kanzlerin von ihrem Nein zur Ehe für alle abgerückt ist. Jetzt gleich durch den Bundestag damit! Und dann weiter. Es ist Zeit für eine Familienpolitik, die sich nicht mehr an Normen, sondern an der Normalität orientiert.“
Populismus à la Merkel
Lidové noviny erklärt, warum bei all den Problemen in Deutschland derzeit ausgerechnet die "Ehe für alle" den Wahlkampf dominiert:
„Das liegt daran, dass die Kanzlerin mal wieder von heute auf morgen ihre Position geändert hat. Und das wiederum hat mit ihrem Regierungsstil zu tun. Helmut Kohl war ein politischer Visionär, führte aber nie die Beliebtheits-Umfragen an. Merkel ist der Gegenpol. ... Ihre Wende ist logisch, denn die Ehe für Homosexuelle wird von 83 Prozent der Deutschen befürwortet. Und Merkel macht Martin Schulz damit schon vor der Bundestagswahl zwischenzeitlich zum Verlierer. Der kann sich schwerlich von der Kanzlerin absetzen, wenn sie ihm die eigenen Themen klaut. Verstehen Sie nun, weshalb Merkel die große Favoritin in den Umfragen und für die Wahlen ist? Man nenne es nur nicht Populismus!“
Homo-Lobby hat Gesellschaft im Griff
Die Unionsparteien stecken in der Klemme, weil sie politisch erpresst werden, kommentiert Mozgástér:
„In Deutschland gibt es zurzeit kein wichtigeres Thema als die Homoehe. Das Thema bereitet selbst dem deutschen Durchschnittsbürger schlaflose Nächte. Schließlich fordern die Massen ihre Einführung. Gibt es keine Homoehe, gibt es auch keine deutsche, ja keine europäische Zukunft! ... Wegen des Koalitionszwangs in Deutschland mussten die 'Christdemokraten' bei dem Thema nun klein beigeben und sich der gewohnten Erpressung durch die Linke beugen. Freilich, in solchen Fällen wird stets auf die 'gesellschaftlichen Ansprüche' verwiesen. Doch sind das Ansprüche, die von der Homo-Lobby selbst geschaffen wurden, und zwar ebenfalls durch Erpressung, Drohung und Verleumdung. Schließlich hat sie es in der westlichen Welt erreicht, dass Gegner der Homoehe sogleich als homophob abgestempelt werden.“
Verrat an christlichen Werten
Dass Merkel den Weg für die Abstimmung im Bundestag freigemacht hat, kritisiert Rzeczpospolita:
„Das ist eine schlechte Entscheidung aus der Perspektive der christlichen Identität Europas. Denn die Mehrheit der Kirchen spricht sich gegen gleichgeschlechtliche Ehen aus. ... Die Entscheidung ist auch schlecht aus der Perspektive Polens. Denn durch sie wird Polen sich noch stärker von den Ländern des 'alten Europas' unterscheiden. Sowohl in der Abtreibungsfrage, als auch in der Frage der Homoehe ist unser Land den christlichen Wurzeln Europas deutlich treuer als die westlichen Staaten. Wir sollten keine Zweifel daran haben, dass das gegen uns verwendet werden wird. Aber wir sollten uns auch nicht einreden lassen, dass wir deshalb schlechter sind. Ganz im Gegenteil, vielleicht ist es an der Zeit, den Stolz auf das Christentum zu zeigen und Paraden mit dem Titel 'Catholic Pride' zu organisieren?“