Kann die Umsiedelung auf Zypern gelingen?
Die zyperntürkische Führung hat nach dem Scheitern der Gespräche zur Wiedervereinigung der Insel entschieden, ein paar Dörfer im Norden der Insel für die Rückkehr ihrer einstigen Einwohner zu öffnen, die nach der Besetzung durch türkische Truppen 1974 flohen.
Frieden nur durch Anerkennung von Verbrechen
Ohne eine Aufarbeitung der Geschichte bleibt Versöhnung in weiter Ferne, gibt Hürriyet Daily News zu bedenken:
„Eine Lösung auf Zypern ist fast unmöglich, solange beide Seiten der Insel es nicht schaffen, die von ihnen begangenen Verbrechen zuzugeben und sich beim jeweils anderen zu entschuldigen. Wie können beide Völker der Insel Frieden schaffen und eine gemeinsame Zukunft in Vertrauen zueinander aufbauen, wenn sie völlig widersprüchliche Vorstellungen davon haben, wie der Zypernkonflikt entstanden ist? Wie soll Zypern wiedervereint werden, solange das zyperngriechische Staatsoberhaupt, der Erzbischof und das gesamte politische Spektrum es systematisch ablehnen, die durch ihren Staat gegen die Zyperntürken begangenen Verbrechen anzuerkennen und die Bevölkerung sich über Straffreiheit für Verbrechen gegen Zyperntürken freut?“
Eine gefährliche Entwicklung
Für Cyprus Mail ist die Entwicklung ein Beleg dafür, dass die türkische Seite ihren Plan B umsetzt:
„Die Entscheidung, die die zyperntürkische Führung mit dem Kommandeur der türkischen Besatzungsmacht getroffen hat, die vier Maronitendörfer für die Rückkehr ihrer Bewohner zu öffnen, könnte ein Zeichen für das sein, was kommt: der Plan B, von dem die Türken nach dem Versagen in Crans-Montana sprachen. ... Es wird immer deutlicher, dass [Zyperns Präsident] Anastasiades' Ansicht, dass die Verhältnisse nach dem Zusammenbruch des Friedensprozesses sich nicht ändern werden, eine grobe Fehleinschätzung war. Er ignorierte die Warnungen Ankaras, dass die Konferenz die letzte Chance für eine Lösung war und ist nun mit einer entfesselten Situation konfrontiert, über die er kaum die Kontrolle hat.“
Plan B birgt Chancen und Risiken
Hürriyet Daily News sieht den Schritt der nordzyprischen Führung zwiegespalten:
„Ein gewaltiges Wiederaufbauprojekt dürfte eine goldene Gelegenheit bieten für wertvolle Jobs und einen wirtschaftlichen Boom. Es ist möglich, dass sich durch eine derart riesige wirtschaftliche Unternehmung, die Investoren und Arbeitnehmer beider Seiten zusammenbringt, Politiker gedrängt fühlen, neue Ansätze für eine Versöhnung zu finden. Doch wäre die griechisch-zypriotische Führung glücklich über die Aussicht, dass der Norden auf ihren Status emporgehoben wird? Erhielten die Maroniten und die Einwohner Varosias [Geisterstadt, einst größtenteils von Zyperngriechen bewohnt, seit 1974 geschlossen] Bürgerrechte? ... Es könnte durchaus auch sein, dass der Plan B oder der Ansatz einer 'stückweisen Umsiedlung' die Aussicht auf eine umfassende Umsiedlung auf der Insel gänzlich zunichtemacht.“