Darf Schröder bei Rosneft anheuern?
Altkanzler Gerhard Schröder will einen Posten im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft annehmen. Das Unternehmen steht seit der Krim-Annexion 2014 auf der Sanktionsliste der EU. Einige Kommentatoren finden, Schröder sollte das Angebot ausschlagen. Andere halten die russische Lobby-Strategie für vorbildlich.
Ex-Kanzler ist Diener des Kremls
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist fassungslos, dass Schröder trotz der Kritik an seinem Engagement festhält:
„Der ehemalige Bundeskanzler tut wirklich weiter so, als sei Rosneft ein Unternehmen wie Volkswagen und er dort künftig der Vertreter der deutschen Arbeiterklasse. Das zieht einem glatt die Schuhe aus. Der nicht grundlos auf den Sanktionslisten des Westens stehende Konzern will sich in der Tat in Deutschland weiter ausbreiten - aber doch nicht, um hier die Massenarbeitslosigkeit zu mildern. Putins Machtinstrument Rosneft dient knallharten ökonomischen und politischen Interessen - den Interessen des Kremls, nicht Deutschlands. Schröder künftig auch.“
Schröder bringt SPD in Bedrängnis
Der frühere Bundeskanzler wird zu einer Belastung für die SPD, beobachtet der Tages-Anzeiger:
„Indem er sich Putin noch weiter annähert, bringt Schröder seine Partei im Wahlkampf in Bedrängnis. Er sieht sich zwar als Opfer, das diffamiert wird: 'Es ist eine politische Kampagne zugunsten von Frau Merkel', sagte er dem [Onlineportal] Blick. Tatsächlich aber fühlt sich nun auch SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz gezwungen, sich von seinem Parteifreund zu distanzieren. Das alles sei Schröders Privatsache und habe nichts mit der SPD zu tun, meinte Schulz. Und fügte hinzu: 'Ich würde das nicht tun.'“
Auch Polen braucht Lobbyisten in Berlin
Polen sollte sich ein Beispiel am russischen Headhunting nehmen, findet Rzeczpospolita:
„Gerhard Schröder ist ein mächtiger russischer Lobbyist, und die deutschen Politik- und Business-Eliten sind voll von großzügig bezahlten Russland-Verstehern, die dem Kreml seine Wirtschafts- und Außenpolitik erleichtern. ... Das sind einfache Fakten, über die die polnischen Eliten sich aufregen können, so viel sie wollen. Oder sie können aus ihnen konkrete Schlüsse ziehen und aufhören, nur auf den 'moralischen Sieg' zu setzen. ... Man muss also fragen, wie viel gute Lobbyisten Polen in Berlin hat. ... Und ob wir mit unserem Germano-Skeptizismus uns vorstellen könnten, dass ein einflussreicher deutscher Politiker einen Posten zum Beispiel in [dem teilstaatlichen Bergbauunternehmen] KGHM bekommt? Schockierend? Willkommen in der Welt der Realpolitik.“